Die kleinen Sünden der Pfarrkinder

Tholey · Das Autoren-Duo Margarete Stitz und Johannes Naumann hat in den alten Kirchenakten der Pfarreien Tholey, Thalexweiler, Marpingen, Bliesen, Theley und Hasborn aus den Jahren 1569 bis 1781 gestöbert. In der Abtei Tholey haben sie nun ihr Buch „Die Pfarrvisitationen im Schaumberger Land“ vorgestellt. Von wegen verstaubte Protokolle und trockene Geschichten: Stitz und Naumann brachten mit ihren Auszügen die Zuhörer zum Schmunzeln.

 Die Autoren Margarete Stitz (links) und Johannes Naumann bei der Buchvorstellung. Foto: Frank Faber

Die Autoren Margarete Stitz (links) und Johannes Naumann bei der Buchvorstellung. Foto: Frank Faber

Foto: Frank Faber

Überaus interessante Einblicke in die Vergangenheit vermitteln Margarete Stitz und Johannes Naumann bei der Vorstellung ihres neuen Werkes "Pfarrvisitationen im Schaumberger Land". "Es gibt viele Parallelen von früher zu heute", kündigt Historiker Naumann an. Damit spannt er die 30 Zuhörer in der Orangerie der Tholeyer Abtei auf die Folter, doch Naumann und Co-Autorin Margarete Stitz versprechen nicht zu viel.

Süffisant trägt die St. Wendeler Historikerin einige Sünden der Pfarrkinder vor. Im Jahre 1739 rügt der Thalexweiler Pfarrer, "dass die Wirtschaften an den Festen manchmal besser besucht sind als die Kirche". In Bliesen wird 1781 der rege Kneipenbesuch am Aschermittwoch beklagt, dabei sei der Lärm größer als an den Fastnachtstagen. Durch das Kartenspiel würden Sonn- und Feiertage entweiht. Dagegen versichern die Hasborner, dass sie gelegentlich dem Kartenspiel oblägen, aber "ohne Lärm".

"Außer dem Fastnachtsvergnügen sind auch die Märkte, zumal an Feiertagen, ein Ärgernis, obwohl sie im kurtrierischen Gebiet offiziell auf Werktage verlegt wurden", berichtet Stitz. Der Theleyer Pfarrer Lauxen kritisiert 1760, dass dabei die meiste Zeit von Jung und Alt, "mit Fressen, Tanzen, Streiten, Hurerei. Scheußlichkeiten und Beleidigungen des höchsten Gottes vertan" werde. Gar skandalträchtig in höchstem Maße sind die traditionellen Prozessionen zu besonderen Orten, wie zum Blasiusberg, nach Tholey und St. Wendel oder, im Falle der Marpinger, nach Illingen (Diözese Metz): "Es ging durch lutherische Gebiete, wo man nicht nur ausgepfiffen, sondern auch mit Drohungen angegriffen wird mit nicht geringer Gefahr tödlicher Auseinandersetzungen", zitiert Stitz aus dem Kirchenprotokoll. Auf dem Rückweg sei das Volk nicht mehr so zahlreich gewesen, die meisten seien abends und nachts betrunken zurückgekehrt. Das Problem der unehelichen Kinder ist bereits im Zusammenhang mit den ältesten Protokollen erwähnt worden. Auch 1772 ergeht an die Schöffen die Mahnung, sexuelle Ausschreitungen außerhalb der Ehe ohne Ansehen der Person anzuzeigen. "Die Sitten von Pfarrei zu Pfarrei sind außerordentlich unterschiedlich", erklärt Naumann.

Er und Co-Autorin Stitz haben für ihr Buch im Landesarchiv Koblenz und vor allem im Bistumsarchiv Trier in den Visitationsprotokollen recherchiert. Stitz hat die in lateinischer Sprache verfassten Protokolle in die deutsche Sprache übersetzt. In zahlreichen Bereichen der Liturgie, Sozialgeschichte, Moral und Wertvorstellungen enthält das Buch oft überraschende Erkenntnisse. Die Autoren haben die bisher meist nur oberflächlichen Visitationen wissenschaftlich ediert und in den geschichtlichen Rahmen der Geschehnisse gestellt.

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Auf einen Blick"Die Pfarrvisitationen im Schaumberger Land. Akten der Pfarreien Tholey , Thalexweiler, Marpingen , Bliesen, Theley und Hasborn von 1569 bis 1781" von Margarete Stitz und Johannes Naumann. Das 306 Seiten starke Werk gibt anhand der Visitationen interessante Einblicke in die Vergangenheit der Landpfarreien. Das Buch kann zum Preis von 25 Euro plus drei Euro für Porto und Versand bezogen werden. Herausgeber ist der Förderverein der Benediktinerabtei Tholey , Kontakt: info@abtei-tholey.de. frf

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