Sein Kabarett lebt von Bibelstorys

St. Wendel. Ist der Kabarettist Jürgen Becker Gotteslästerer? Nein. Rheinländer, Kölner. Damit kommt der 50-Jährige aus einer erzkatholischen Gegend. Noch dazu ist sie die Karnevalshochburg schlechthin. So ist der Brückenschlag zwischen spitzzüngigem Humor und religiöser Pietät programmiert

St. Wendel. Ist der Kabarettist Jürgen Becker Gotteslästerer? Nein. Rheinländer, Kölner. Damit kommt der 50-Jährige aus einer erzkatholischen Gegend. Noch dazu ist sie die Karnevalshochburg schlechthin. So ist der Brückenschlag zwischen spitzzüngigem Humor und religiöser Pietät programmiert. Diesen Spagat lässt auch Becker nicht missen, stellt ihn während seiner Fernsehsendungen im Westdeutschen Rundfunk (WDR) sowie bei seinen Bühnenprogrammen immer wieder unter Beweis. Raus aus dem Studio, ist Becker zurzeit bundesweit unterwegs. Und am Mittwoch, 4. November, 20 Uhr, macht der Kabarettist im St. Wendeler Saalbau mit seinem Soloprogramm "Ja, was glauben Sie denn? - Eine kabarettistische Götterspeise" Station.Bezug zur RegionDas St. Wendeler Land ist für ihn keine Fremde - wenn er auch nicht sofort Angenehmes damit verbindet. "Mein Opa liegt da auf dem Soldatenfriedhof", berichtet er im SZ-Interview. Gefallen im Zweiten Weltkrieg (1939-45). Ich habe ihn nicht kennen gelernt", sagt Becker, Jahrgang 1959. Tod spielt in seinem aktuellen Programm übrigens ebenfalls eine Rolle. "Wie man mit dem Thema allerdings umgeht, ist ganz unterschiedlich. Das geht auch mit Humor", verdutzt der Rheinländer. "Es tröstet eben auch, wenn man lacht. Ja: Humor tröstet wie Religion." Bei dieser Einstellung nimmt man ihm ab, dass er von Freunden um Trauerreden am Grab gebeten wird. Überhaupt nimmt Becker die Religion, insbesondere die katholische Kirche mit sehr viel Humor: "Da bekommt eine Jungfrau ein Kind. Ein Toter wird wieder lebendig. Aus Wasser wird Wein - heute würden wir dazu Weinschorle sagen."Dabei geht er davon aus, dass Katholiken auf Grund ihrer strengen Regeln mehr dem Kabarett zugeneigt sind als Protestanten. Denn Humor entstehe meist dort, wo man nur mit Lachen die Gesetze ertragen kann. "Übrigens wird Gott im Alten Testament immer als ein strenger Richter dargestellt. Von Lachen ist da keine Rede. Im Neuen Testament kommt er zwar besser weg. Aber das reicht immer noch nicht. In der Bibel gibt es keine einzige Stelle, an der Jesus lacht." Das sei in anderen Religionen ganz anders. Becker: "Der Buddha, zum Beispiel, der lacht. Der hat sogar einen Bierbauch, würde man heute sagen." Da ist für den Komödianten doch klar: "Strenge Regeln provozieren Humor." Und wie sehen das die gar frommen Pfarrer? Laut Becker gelassen, laden ihn sogar zu Kirchentagen ein. Sagt es und setzt gleich noch einen drauf: "Als Gott die Sprachen verteilt hat - bayrisch, friesisch, pfälzisch, gingen die Rheinländer leer aus. 'Hast Du uns vergessen?', fragten sie ihn. 'Ja', sagte der und hatte eine Lösung parat: Ach wisst ihr was? Sprecht so lange meine."Des Rheinländers Veruzungen nehmen kein Ende. So lässt er sich nun über die Wochentage aus: "Wir Germanen hatten ja früher für jeden Tag einen anderen Gott. So stand der Thor für Samstag. Das ist ja heute noch genauso: Toooor! Toooor!". Und überhaupt würde ja Weihnachten nur deshalb im Dezember liegen, "weil wir in dieser Zeit ansonsten ein Event-Vakuum hätten".Darum kommt Becker zum Schluss: "Ich kann Atheisten nicht verstehen, die aus der Kirche austreten. Dann sag' ich immer: Bleib doch drin: Wo findet ihr denn sonst so viele Geschichten? Die sind doch auch lustig."Seine Mutter reist mitAll diese Themen greift Jürgen Becker in seinem Solo-Stück auf, wenn er im November bei uns auftritt. Der Kölner wird dabei von seiner 75-jährigen Mutter begleitet. Die sei des Öfteren bei seinen Auftritten dabei. "Aber nicht in Duisburg, nur da, wo's schön ist." Und Blut aus der Region fließt schließlich auch in Beckers Adern: Verwandte leben im nahe gelegenen Salmrohr in Rheinland-Pfalz. Die werden die beiden bei der Gelegenheit besuchen. "Da spricht man moselfränkisch wie bei Ihnen in St. Wendel." Karten gibt's im Vorverkauf für 23,95 Euro an allen Vorverkaufsstellen, in St. Wendel bei Buch+Papier Klein, in der Tourist-Info im Tui-Reisecenter, im Brunnenlädchen, in Marios Musikladen, über die Ticket-Hotline, Tel. (0 68 61) 93 99 80, im Internet, an der Abendkasse für 25 Euro. "Es tröstet eben auch, wenn man lacht. Ja: Humor tröstet wie Religion."Jürgen Becker

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