Ein Abschied voller Emotionen

Berlin/St Wendel · Voller Emotionen hat sich die St. Wendeler Sportgymnastin Laura Jung nach 15 Jahren von Publikum und Bodenfläche verabschiedet. Trotz des zweimal geplatzten Olympia-Traums hegt sie keinen Groll und will ihrer Sportart treu bleiben.

 Alles im Griff: Laura Jung war jahrelang eine der besten deutschen Sportgymnastinnen, holte 15 Mal den nationalen Meistertitel. Nur der Traum von Olympia erfüllte sich nicht ganz. Foto: Bernd Weißbrod/dpa

Alles im Griff: Laura Jung war jahrelang eine der besten deutschen Sportgymnastinnen, holte 15 Mal den nationalen Meistertitel. Nur der Traum von Olympia erfüllte sich nicht ganz. Foto: Bernd Weißbrod/dpa

Foto: Bernd Weißbrod/dpa

Die finale Pose, mit der sich Laura Jung beim Weltcup in Berlin am Wochenende in ein neues Leben verabschiedet hatte, war die Pose einer Grande Dame. Nach der letzten Übung küsste die 21 Jahre alte Gymnastin erst ihre Keulen und danach die Bodenfläche. "Das war eigentlich so nicht geplant, aber ich wollte einfach Danke sagen. Dem Boden, dem Gerät und auch den Zuschauern, für die ganzen schönen Jahre", erklärte die 15-fache deutsche Meisterin aus St. Wendel . "Sie waren alle immer ein Teil von mir."

Lehre in der zweiten Heimat

Nicht nur Jung fiel der Abschied schwer. Ludmilla Titkova ließ ihren Tränen freien Lauf. "Sie ist wie meine Tochter", sagt die Trainerin am Bundesstützpunkt für Rhythmische Sportgymnastik in Schmiden bei der internen Verabschiedung.

Der Entschluss, die sportliche Laufbahn auf dem Höhepunkt zu beenden und stattdessen eine Ausbildung zur Personaldienstleistungs-Kauffrau beim Schwäbischen Turnerbund (STB) in Stuttgart zu beginnen, war über lange Monate gereift. Als sich die Möglichkeit bot, reichte Laura Jung ihre Bewerbung ein. "Vorstellungsgespräch, Einstellungstest, ganz wie jeder normale Mensch. Es fühlt sich jetzt aber trotzdem komisch an, ich habe das noch nicht so richtig realisiert", räumte sie ein. Baden-Württemberg ist längst die zweite Heimat der Saarländerin geworden, da sie seit Jahren am Olympiastützpunkt in Schmiden trainiert und lebt.

Den letzten Abend ihrer Sportlerlaufbahn verbrachte Laura Jung schon so wie Millionen anderer Menschen: den Viertelfinal-Krimi Deutschland gegen Italien bei der Fußball-Europameisterschaft im Fernsehen verfolgen. "Ich war so fix und fertig und hatte am nächsten Tag Muskelkater, weil ich so viel herumgesprungen bin", erzählte sie. "Ich hatte ja schon den ganzen Tag Adrenalinschübe gehabt wegen des Karriere-Endes und dann kam auch noch dieses Elfmeterschießen dazu."

Dass es in ihrer Laufbahn nie zu einer Olympiateilnahme gereicht hat, macht Laura Jung nicht traurig. "Ich bin mit meinem olympischen Traum im Reinen. Ich habe das abgerufen, was ich abrufen konnte. Wenn das nicht genug war, ist es eben so", sagte sie. 2012 hatte die Gymnastin beim Olympischen Testevent in London den Startplatz für Deutschland geholt, musste diesen bei den Spielen aber Jana Berezko-Marggrander überlassen. "Ich habe es Jana immer gegönnt, immer. Es war so festgelegt, dass wir noch einmal Qualis turnen", berichtete Laura Jung . "Jana hat sie gewonnen, Jana fuhr. Natürlich war ich traurig, aber dafür kann ja Jana nichts. Sie hat auch nur ihren Job gemacht."

Dass sie auch 2016 erneut zum olympischen Testevent nach Rio fahren durfte, sei ihr "persönliches, kleines Olympia" gewesen. Aber auch dieses Mal setzte sich Jana Berezko-Marggrander im entscheidenden Duell durch.

Der Blick ist nun nach vorn gerichtet. "Ich bereue keinen Schritt. Alles hat mich stärker gemacht und am Ende zu dem Menschen, der ich jetzt bin", sagte Laura Jung , die der Gymnastik künftig als Kampfrichterin oder Choreographin erhalten bleiben möchte.

In einem Punkt aber ist sie sich sicher. "Meine Karriere ist beendet. Und ich werde auch nicht zurückkommen." Ein besseres Ende habe sie sich nicht wünschen können: "Dieser letzte Moment in Berlin war für mich emotionaler, als wenn ich bei Olympia gestartet wäre."

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