Ein Herz für Hörnchen

Während Gina friedlich schlummert, versucht Monika Pfister auch bei Holly ihr Glück. „Sie hat einen Marderbiss und atmet ein bisschen schwer“, erklärt sie und ist froh, dass das vier Wochen alte Eichhornmädchen so tapfer kämpft.

 Gina und Holly waren am Rastpfuhl in Saarbrücken aus dem Nest gefallen, von der Mutter gab es keine Spur. Die Kleinen konnten aber von Monika Pfister in ihrer Eichhörnchen-Auffangstation in Heusweiler gerettet werden. Später sollen sie wieder ausgewildert werden. Fotos: cim

Gina und Holly waren am Rastpfuhl in Saarbrücken aus dem Nest gefallen, von der Mutter gab es keine Spur. Die Kleinen konnten aber von Monika Pfister in ihrer Eichhörnchen-Auffangstation in Heusweiler gerettet werden. Später sollen sie wieder ausgewildert werden. Fotos: cim

Holly und Gina hatten mehr Glück als ihr Geschwisterchen. Das lag schon tot auf der Erde, als die Babys von zwei Schülerinnen auf dem Rastpfuhl in Saarbrücken gefunden wurden. "Sie müssen wohl aus ihrem Nest in der Hecke des Schulhofs gefallen sein, von der Mutter keine Spur", erklärt Monika Pfister.

Erinnerungen werden wach, denn auch sie fand vor knapp vier Jahren auf einem Campingplatz in Frankreich ein Eichhornjunges. "Unser Hund, damals ein Welpe, hat es aufgestöbert und ich wusste anfangs nicht einmal, was es ist", erinnert sie sich.

Zurück am Wohnwagen wurde das Handy bemüht, 70 Euro für ein paar Minuten im Internet, dann war klar, es ist ein kleines Eichhörnchen. Die Kommunikation in der französischen Apotheke war abenteuerlich, erzählt Monika Pfister, Katzenmilch, Spritze, Wärmflasche, all das besorgte sie. Und Speedy überlebte, bekam von Monika Pfister eine neue Chance.

"Ich hatte mich einfach in diese Tierchen verliebt und bekam schließlich von meinem Mann zum Geburtstag ein gezüchtetes Hörnchen geschenkt", sagt sie. Mogli lebt jetzt in einer großen Voliere im Garten, zusammen mit einigen Fundtieren, die kurz vor der Auswilderung stehen. Denn nach dem Fund in Frankreich war der Tierarzt auf sie aufmerksam geworden, ein Anruf genügte und Monika Pfister nahm die nächsten Jungtiere, gerade mal ein paar Tage alt, in Obhut. "Das kostet ganz schön Kraft und beschert so manche schlaflose Nacht", erzählt sie.

In den ersten Wochen brauchen die Tiere alle zwei Stunden Nahrung, anschließend wird das Absetzen von Urin stimuliert und schließlich das Bäuchlein massiert, um die Verdauung der Kleinen anzuregen.

Ständiger Begleiter in dieser Zeit ist das Handy mit dem "Eichhörnchen-Wecker". Das kennen nicht nur ihre Familienmitglieder, sondern auch die Nachbarn auf dem Campingplatz. Aktuell stehen wieder einige Jungtiere zur Auswilderung an, "dazu braucht man Fingerspitzengefühl, doch man muss die Tiere ziehen lassen", sagt sie - mit einem lachenden und weinenden Auge. "Wenn ich sehe, wie froh die Tiere durch die Gegend springen, den ersten Baum erklimmen, dann weiß ich, es ist richtig, dass sie in Freiheit sind."

Für Hope, die nach einem Sturz mit schweren Hirnverletzungen zur Pflegestelle kam, ist ein Auswildern nicht möglich. "Ich bekomme vom Tierarzt eine Bescheinigung, dass das Tier in der Natur keine Chance hätte", erklärt sie und betont, dass Eichhörnchen unter Naturschutz stehen und keinesfalls eingefangen und in Käfigen gehalten werden dürfen. "Daher habe ich mich auch offiziell als Pflegestelle - die einzige im Saarland - anerkennen lassen", erklärt sie. So kamen schließlich auch die beiden Saarbrücker Eichhörnchen durch die Vermittlung der Meldestelle für Wildfundtiere zu Familie Pfister nach Heusweiler .

"Ich gebe den kleinen Förstern unseres Waldes eine zweite Chance, bin stolz, wenn sie es schaffen", betont Monika Pfister und appelliert zugleich an ihre Nachbarn: "Die ersten Tage nach dem Auswildern kann es passieren, dass sich die Tiere noch in der Nähe aufhalten und ganz zahm auch mal an einem Hosenbein hochklettern. Bitte schlagen Sie nicht nach ihnen, sie haben keine Tollwut, sondern wurden mit der Hand aufgezogen." Immer mehr Eichhörnchen verenden in Regentonnen. Eichhörnchen haben von Mai bis September, in der Zeit des Nachwuchses, enormen Durst und suchen ständig nach Wasser. Halb volle Regentonnen sind eine Todesfalle, weil die Tiere nicht mehr herauskommen. Abhilfe schaffen da neben einem Deckel auch ein Ast oder eine Latte als Kletterhilfe. So werden die Muttertiere und auch der Nachwuchs im Nest geschützt.

Zum Thema:

HintergrundDas Eichhörnchen ernährt sich nicht nur von Nüssen, sondern ist ein Allesfresser, zum Speiseplan gehören Früchte, Samen, Pilze, Blüten, Rinde, Körner, Insekten, Würmer und auch mal Vogeleier und Jungvögel . Den 200 - 400 Gramm schweren, tagaktiven Nager findet man in ganz Europa (außer Südspanien, Portugal und Teilen Italiens) und in Nordasien . Er lebt meist in Nadelwäldern, in Europa auch in Laub- und Mischwäldern. Als Kulturfolger findet man ihn auch oft in Parks und Gärten. Die geschickten Kletterer bauen sich in nur drei bis fünf Tagen aus Zweigen, Blättern und Moos kugelförmige "Nester" (Kobel) in Astgabeln oder verlassene Storchenlöcher. Im Winter ruhen die Einzelgänger und leben von versteckten Vorräten, auch an heißen Sommertagen halten sie gerne Mittagsschläfchen. Ihr Wissenschaftsname "skiuros" ("Schattenschwanz") entstammt der griechischen Antike, als man glaubte, die Tiere würden sich mit dem Schwanz Schatten spenden. In den Laubwäldern Englands und Italiens wurde das europäische Eichhörnchen vom aus Nordamerika eingeführten Grauhörnchen verdrängt, es gilt aber nicht als gefährdet. red

 Sorgenkind Holly, etwa vier Wochen alt, trinkt aus der Pipette.

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 Monika Pfister mit Pebbles, dem zahmsten Eichhörnchen in ihrem Gehege, das sich offenbar recht wohl bei seiner „Ersatzmama“ fühlt.

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 Hope hat in Folge einer Kopfverletzung nur ein Auge. Da sie in freier Wildbahn nicht überleben würde, darf sie dauerhaft im Gehege bleiben.

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Zum Thema:

Auf einen Blick Wildtier-Notruf: Für viele Wildtiere wie Füchse, Marder, Hasen, aber auch Eichhörnchen gibt es im Saarland Pflegestellen . Den Kontakt stellt - rund um die Uhr - der Wildtier-Notruf her, Tel. (01 51) 18 48 98 08. cim

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