Das Risiko einer Demenz verringern

Merzig-Wadern · Der Grüne Kreis soll eine Modellregion für das Projekt „Demenzversorgung der Zukunft“ werden. Interessierte Vereine sollen die Möglichkeit erhalten, Demenztrainer auszubilden, die dann Gedächtnissport-Kurse anbieten.

Der Landkreis Merzig-Wadern geht neue Wege in der Vorbeugung von Demenzerkrankungen: Hier soll in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Institut für Demenzprävention (DIDP) an der Saar-Universität, dem Verein "Gedächtnisregion" und dem Landessportverband für das Saarland (LSVS) eine Modellregion für das Projekt "Demenzversorgung der Zukunft" entstehen. Interessierte Vereine sollen die Möglichkeit bekommen, spezielle Demenztrainer auszubilden, die dann in den Vereinen Gedächtnissport-Kurse anbieten. Darin wird in einer Kombination aus Geschicklichkeits- und Gleichgewichtstraining, ergänzt um Gedächtnisübungen, einer Demenzerkrankung vorgebeugt. Die Projektpartner haben die Konzeption jetzt im Merziger Landratsamt vorgestellt.

Warum solche speziellen Sport-Kurse Sinn machen, erläuterte Professor Tobias Hartmann, Leiter des DIDP: "Körperliche Aktivität kann, kombiniert mit gesunder Ernährung, das Risiko einer Demenzerkrankung verringern." Hartmann betonte, Prävention bedeute im Falle von Alzheimer oder Demenz zwar nicht in jedem Fall, dass die Krankheit vollkommen verhindert oder deren Verlauf verlangsamt werden könne. Aber es sei möglich, durch gezieltes Training den möglichen Beginn einer Demenz sehr lange hinauszuzögern. "Wir wissen, dass die Entwicklung der Krankheit sich über gut 30 Jahre hinziehen kann", sagte Hartmann. Es sei bekannt, dass eine Demenzerkrankung durch verschiedene Risikofaktoren begünstigt werde. "Es gibt Risikofaktoren, gegen die wir präventiv vorgehen können und somit das individuelle Risiko senken zu erkranken", ergänzte der Demenzforscher. Je länger das Bewegungs- und Gedächtnistraining durchgeführt werde, umso größer sei der absolute Effekt. Nach Hartmanns Worten deuten wissenschaftliche Erkenntnisse darauf hin, dass auf diese Weise gut die Hälfte aller Demenzerkrankungen wirksam verhindert werden könnte.

Neben der sportlichen Aktivität würden die geplanten Gedächtnissport-Kurse auch für soziale Kontakte der Teilnehmer sorgen, was nach den Erkenntnissen von in Homburg ebenfalls schon vorbeugende Wirkung habe: "Vereinsamung ist ein großer Risikofaktor", sagte Fiebig. In der Homburger Seniorenresidenz waren erstmals im Saarland Gedächtnissport-Kurse unter wissenschaftlicher Begleitung des DIDP angeboten worden - "mit erstaunlichen Ergebnissen", wie Tobias Hartmann betonte.

Landrätin Daniela Schlegel-Friedrich ist überzeugt, dass mit diesem neuen Angebot der gesellschaftlichen Realität und insbesondere dem demografischen Wandel Rechnung getragen werde: "Die Einwohnerzahl im Kreis wird Prognosen zufolge bis 2030 von jetzt 105 000 Menschen auf 100 000 sinken." Gleichzeitig werde die Bevölkerung immer älter: "Wir haben jetzt einen Anteil der Menschen über 65 Jahre von 21 Prozent. 2030 wird diese Wert bei über 30 Prozent liegen." Schätzungen zufolge gebe es im Landkreis aktuell rund 2500 Menschen, die von Demenz betroffen sind - "mit steigender Tendenz", wie die Landrätin sagte.

Mit einer zunehmenden Alterung der Gesellschaft werde auch die Verbreitung von Demenzerkrankungen zunehmen, damit sei zu rechnen. "Wir müssen uns fragen: Gibt es etwas, womit wir diese Entwicklung verlangsamen können?", sagte Schlegel-Friedrich. Die jetzt geplanten Gedächtnissport-Angebote, für die zunächst in zwei ausgewählten Vereinen entsprechende Trainer ausgebildet werden sollen, könnten hier eine bedeutsame Rolle spielen.

Gleichzeitig wolle man im Zuge des Modellprojektes Infrastrukturen verbessern, Versorgungslücken schließen und intensivere Prävention betreiben, sagte die Landrätin. Nach Ansicht von Udo Genetsch vom Landessportverband ist der Landkreis mit diesem Projekt "wieder einmal Vorreiter in einer gesellschaftlich wichtigen Frage".

Der Landessportverband für das Saarland werde die Ausbildung zum Gedächtnissport-Trainer in seine Schulungsangebote für alle Vereine integrieren. Er sei "sehr gespannt" auf die Ergebnisse dieses Modellprojektes.

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HintergrundUto Scheidt, Projektleiter des Vereins "Gedächtnisregion", stellte den Zeitplan für die Umsetzung des Modellprojektes "Demenzversorgung der Zukunft" vor. Der Lehrplan für die Ausbildung zum Gedächtnissport-Trainer solle demnach, im Zusammenspiel mit dem DIDP und dem LSVS, bis Herbst 2014 erarbeitet werden. Parallel dazu soll die Planung für die Struktur und das Budget des Projektes erfolgen. Außerdem wolle man das Projekt in der Politik sowie bei den Krankenkassen präsentieren. Der Beginn der Grundlagenausbildung für interessierte Gedächtnissport-Trainer ist für das Frühjahr 2015 vorgesehen. Im Herbst 2015 sollen dann die ersten Gedächtnissport-Kurse in Vereinen angeboten werden. cbe

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