Vogelschutz Schwimmendes Nest für seltene Küken

Perl · Der Naturschutzbund Saarland bringt heute in der Mosel-Aue bei Nennig acht Brut-Flöße für Fluss-Seeschwalben aus. Auf diesen Plattformen kann der bedrohte Vogel nisten.

 Rolf Klein an einer der 2,5 x 2,5 Meter großen schwimmenden Plattformen im Baggerweihergebiet Nennig, die als Brutfloß dient.

Rolf Klein an einer der 2,5 x 2,5 Meter großen schwimmenden Plattformen im Baggerweihergebiet Nennig, die als Brutfloß dient.

Foto: Nabu Saarland

Sie ist sehr selten und gefährdet und hat wahrscheinlich noch nie im Saarland genistet: Die Fluss-Seeschwalbe, eine Verwandte der Möwe, ist dabei die Mosel-Aue bei Nennig zu besiedeln. Damit ihr das besser gelingt, bringt der Naturschutzbund (Nabu) Saarland heute in einer mehrstündigen Aktion acht Brut-Flöße in dem Baggerweiher-Gebiet aus, das seit 2017 als Europäisches Vogelschutzgebiet ausgewiesen ist. Die Nist-Flöße sind 2,5 mal 2,5 Meter groß und aus Holz und Styrodur. Mehrere Umweltschützer werden sie von einem Transport-Hänger ans Wasser schleppen, um die Plattformen dort zu verankern. Die Flöße sind mit Ziegeln bedeckt, damit Elterntiere und Küken sich vor schlechtem Wetter und Feinden schützen können. Ansonsten befindet sich auf dem schwimmenden Seeschwalben-Zuhause nur Kies. Denn Seeschwalben mögen’s hart. „Ein fein gepolstertes Nest ist nichts für die Vögel“, sagt Rolf Klein vom Nabu, „sie brauchen keinen Baum, keine Büsche oder aufwändiges Nistmaterial“. Um das Ansiedeln anderer Arten auf den Flößen zu verhindern, hat Klein mit anderen Nabu-Helfern eine Umrandung um die Holzvorrichtungen gebaut. Kosten eines Floßes für den Nabu und den Ornithologischen Beobachterring Saar: 750 Euro.

Die ersten beiden Flöße dieser Art treiben seit vergangenem Frühjahr auf dem Gewässer in Nennig – auch dank der Hilfe des KBN Kieswerks Besch-Nennig, dem Besitzer des Geländes. Auf den zwei Holz-Plattformen sind im vergangenen Sommer sogar schon fünf Küken geschlüpft: die erste dokumentierte erfolgreiche Brut der Fluss-Seeschwalbe im Saarland. Klein, der ehrenamtlicher Mitarbeiter der Vogelberingungsstation des Nabu „Mittleres Saartal“ in Saarlouis-Lisdorf ist, hat die Tiere beringt. So kann er alles über ihre Zugrouten und Standorttreue erfahren.

Die Brut-Flöße und die Küken sind das Ergebnis einer grenzüberschreitenden Kettenreaktion im Namen des Naturschutzes. Denn: Ausgehend von einem Brutvorkommen am Oberlauf der Mosel in Lothringen hat sich die Fluss-Seeschwalbe seit den 80er-Jahren immer weiter in der Grenzregion ausgebreitet.  2015 bauten Luxemburger Umweltschützer künstliche Brutflöße. Schon ein Jahr später gab es dann dort drei Brutpaare. „Auch auf deutscher Seite der Mosel konnten wir kurz darauf die Vögel bei ihren Nahrungsflügen beobachten, Remerschen liegt ja nur zweieinhalb Kilometer von Nennig entfernt. Da wussten wir sofort: Wir müssen nun handeln“, erklärt Klein.

Die Seeschwalbe brütet nämlich gerne auf vegetationsarmen, sandigen oder kiesigen Inseln im Flussbett. Viele dieser Inseln sind aber verloren gegangen, als Flüsse zu Wasserstraßen ausgebaut wurden. „Wir wollten für die Vögel, die auf natürlichem Weg zu uns kommen, einen ganz besonderen Nistkasten bauen“, so Klein. Er hofft, dass die Seeschwalben diesen Sommer mindestens drei bis fünf der insgesamt zehn Flöße annehmen werden. Das wäre eine kleine ornithologische Sensation angesichts der Tatsache, dass es laut Klein in der Literatur keine Hinweise darauf gibt, dass die Fluss-Seeschwalbe jemals im Saarland genistet hat. Das Vogelschutzgebiet bei Nennig eigne sich wegen seiner großen Wasserflächen als Standort offenkundig besonders gut.  Einziges Problem: Die Badegäste, die ab Mai den Baggerweiher bevölkern und die Tiere – wenn auch nicht in böser Absicht – bei der Brut stören. Laut saarländischem Umweltministerium sind Baden, Grillen und Musik tatsächlich „während der störungsempfindlichen Fortpflanzungs- und Aufzuchtzeiten sowie der Zug- und Rastzeiten“ in dem Vogelschutzgebiet Mosel-Aue verboten. Bei Missachtung könne eine Geldbuße von bis zu 25 000 Euro drohen. Spazieren gehen, Radfahren und der beaufsichtigte Freilauf von Hunden auf den Wegen seien hingegen erlaubt. Die Naturwacht habe vergangenes Jahr häufig dort Kontrollgänge gemacht, um die Besucher über die Regeln zu informieren. „Da das Gebiet noch nicht lange Vogelschutzgebiet ist, wissen viele Leute nicht, dass sie dort jetzt nicht mehr baden dürfen. Bislang gibt es leider auch noch keine Hinweis-Schilder“, sagt Klein. Das will das Umweltministerium nun ändern. Das Aufstellen von Schildern, heißt es auf Anfrage unserer Zeitung, sei geplant.

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