„Kinder sind offen und direkt“

Völklingen · Die Saarbrücker Zeitung begleitet auch in diesem Jahr wieder die ARD/SR-Themenwoche mit eigenen Beiträgen. Dieses Mal lautet das Thema „Toleranz“. Heute geht es um eine multikulturelle Kita in Völklingen.

 Deutsch sprechen, auf Türkisch zählen, ein italienisches Lied singen und die Festtage aus anderen Kulturen mitfeiern – für die Kinder in der Kita Schubertstraße ist das ganz normal. Foto: Iris Maurer

Deutsch sprechen, auf Türkisch zählen, ein italienisches Lied singen und die Festtage aus anderen Kulturen mitfeiern – für die Kinder in der Kita Schubertstraße ist das ganz normal. Foto: Iris Maurer

Foto: Iris Maurer

Eigentlich mache ihm alles im Kindergarten Spaß, doch am liebsten spiele er mit Knete, erzählt Jackie, während er einen blauen Fisch formt. Zuhause mit seinen Eltern spricht der Fünfjährige nur Chinesisch. "Als er im Dezember 2011 zu uns kam, sprach er noch kein Wort Deutsch", erinnert sich Christiane Rischar-Heib, die Leiterin der städtischen Kita Schubertstraße in Völklingen .

Über die Hälfte der 111 Kinder hat eine andere Muttersprache als Deutsch. Sie sprechen türkisch, italienisch, französisch, russisch, rumänisch, polnisch oder arabisch. Untereinander sollen die Kinder Deutsch sprechen. "Wenn doch mal ein türkisches Wort fällt, sagen die Kinder selbst zueinander: ‚Nein, sprich Deutsch'", sagt die stellvertretender Leiterin Monika Scherer. Sprachförderung ist ein Schwerpunkt der Kita. Zweijährige Sprachkurse in Kleingruppen sollen die ausländischen Kinder fit in Deutsch machen und auf die Schule vorbereiten. Grüppchenbildungen unter gleichsprachigen Kindern gebe es nicht. "Kinder sind da offen und direkt. Wenn sie Unterschiede wahrnehmen, fragen sie einfach", meint Rischar-Heib. "Da kommt schon mal die Frage, warum das eine Kind immer so braun ist." Von der Vielfalt sollen aber auch die deutschen Kinder profitieren. "Im Stuhlkreis bringen die Kinder uns etwa das Zählen auf Türkisch bei", erzählt Scherer. Auch fremdsprachige Lieder singen die 18 Erzieherinnen mit den Kindern. In diesem Jahr hat die Kita mit dem interkulturellen Verein Ramesch das Projekt "Eine Reise nach Italien" durchgeführt, das vom Sozialministerium und der Stadt Völklingen finanziert wurde. Über mehrere Monate haben die Kinder und Erzieherinnen mit Mitarbeitern des Vereins viel über das südeuropäische Land gelernt. "Wer sich mit sich und seiner Umwelt auseinandersetzt, ist offen für Neues. Wissen schafft Toleranz und Akzeptanz", sagt die Kita-Leiterin.

Neben Sprachen und Kulturen haben die Kinder auch unterschiedliche Religionen. "Neben christlichen Festen feiern wir auch muslimische Feste wie das Zuckerfest oder das französische Galettefest", sagt Rischar-Heib. Auch beim Essen wird Rücksicht auf religiöse Regeln genommen. Schweinefleisch und Gummibärchen mit Gelatine aus Schweinefleisch sind für muslimische Kinder tabu. "Da achten wir darauf, dass sie halal geschlachtete Puten- oder Rindswurst bekommen", betont Scherer.

Über ihre Kinder, die sich zum Spielen verabreden, kämen auch Eltern in Kontakt mit anderen Kulturen. Rischar-Heib und Scherer wünschen sich, dass ihr Engagement die Toleranz zwischen verschiedenen Kulturen fördert: "Wir hoffen, dass wir mit unserer Arbeit einen Grundstein gelegt haben, damit die Kinder die besten Voraussetzungen für die Schule und ein gesellschaftliches Miteinander haben."

Heute gibt es unter anderem diese Programmpunkte im Saarländischen Rundfunk zur Themenwoche "Toleranz":

SR3: In "Guten Morgen" von 6 bis 9 Uhr geht es um Toleranz und Intoleranz in Liedtexten. In "Region am Mittag" ab 12.04 Uhr geht es um den zweifelhaften Rufs Saarbrückens als "Prostitutionshauptstadt der Republik".

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