„Es gibt keine richtige Entscheidung“

Völklingen · Der Völklinger Stadtrat hat mit rot-rot-grüner Mehrheit am Montag beschlossen, dass die Meeresfischzucht – sofern nicht doch noch ein Käufer auftaucht – zum 30. Juni ihren Betrieb einstellen soll. Fünf Stunden lang haben die Stadtverordneten in nichtöffentlicher Sitzung um die Entscheidung gerungen.

Ein Käufer für die Fischzucht? Darauf mochte der Stadtrat am Montag nicht mehr warten. Er hat beschlossen, die Fischzucht dichtzumachen. Am 30. Juni sollen die Becken leer und die Finanzen geklärt sein.

Wolfgang Bintz (CDU ), Bürgermeister und derzeit Stadtwerke-Geschäftsführer, ist froh, dass damit die März-Frist vom Tisch ist, die der Rat im Februar gesetzt hatte. Wäre sie gültig geblieben, sagt Bintz, hätte er Anfang April Insolvenz anmelden müssen für die Fischzucht, "und das hätte durchgeschlagen auf die Stadtwerke ". Mit fatalen Folgen: Zwar wolle die Saar-LB einen Kreditrahmen von 24 Millionen Euro gewähren. Das Geld werde aber erst im Mai fließen. Fischzucht-Insolvenz jetzt hätte also auch für die Stadtwerke Zahlungsunfähigkeit bedeutet. Mit der Juni-Frist sei das abgewendet, sie erlaube eine "geordnete Liquidation" der Fischzucht. Die sei zwar rund 21,3 Millionen Euro teuer, biete aber die Chance "zur Restrukturierung der Stadtwerke ". Nein, sagt er, niemand, ob Unternehmer oder Kommune, "darf Abenteuer eingehen, die er nicht kalkulieren kann".

CDU-Fraktionschef Stefan Rabel hat nach eigener Auskunft für ein anderes Modell votiert, das die Verwaltung vorgeschlagen hatte: Weiterbetrieb bis Ende April, erneute Verkaufs-Anstrengungen, finale Ratsentscheidung nach Ostern. Dabei, sagt er, wäre die Sache weiterhin offen und der Verkauf Haupt-Ziel geblieben. Zur Frage, ob eine Kommune Risiken wie bei der Fischzucht eingehen dürfe, sagt er: "Nur wenn sie in der Lage ist dazu." Hier "gab es das Personal nicht, um das erfolgreich zu machen". Aber "niemand hat vorher gewusst, was auf ihn zukommt".

Sein SPD-Kollege Erik Kuhn hat den jetzigen Beschluss mitformuliert. "Es muss mal Schluss sein", sagt er, "wir könne nicht ewig rumeiern." Für die Liquidation spreche, "dass wir wissen, was das kostet" - die Kosten einer Weiterführung seien nicht kalkulierbar. Die Option, die Anlage zu verkaufen, bleibe ja. Der Rat habe die Stadtwerke-Führung beauftragt, erneut zu verhandeln mit der Firma Ocean Swiss. Die hatte vor zwei Jahren Anteile erwerben wollen und der Fischzucht 1,5 Millionen Euro geliehen, sich im Bieterverfahren jedoch zurückgehalten. "Die Hoffnung stirbt zuletzt", sagt Kuhn.

Paul Ganster, Geschäftsführer der Linken-Fraktion, antwortet grundsätzlich auf die Frage, wie der Schaden am besten zu begrenzen sei: "Es gibt keine richtige Entscheidung", sagt er. Die falsche Entscheidung für die Fischzucht mache das unmöglich.

Auch Manfred Jost, Grünen-Fraktionschef, hat für Liquidation gestimmt. Ohne Triumphgefühle: "Das ist eine riesige Niederlage für uns Völklinger." Die "absolut schwachsinnige Planung" des Projekts habe zu "fast 30 Millionen Euro Schulden" geführt. Er erinnert daran, dass die Fischzucht zunächst mit einer Biogasanlage kombiniert werden sollte. "Das wäre die sinnvollere Baumaßnahme gewesen", denn "alle Stadtwerke , die in die Energie-Erzeugung eingestiegen sind, haben weniger Probleme als wir."

Man könne jetzt Testat- und Kreditprobleme "in aller Ruhe" regeln, sagt Klaus Lorig (CDU ), Oberbürgermeister und Aufsichtsratsvorsitzender. Er hätte aber "betriebswirtschaftlich" den Weiterbetrieb vorgezogen. Darf eine Kommune so große Risiken eingehen? "Im nachhinein: nein", sagt er; zum Start habe das Projekt "eine andere Dimension" gehabt. Als Aufsichtratsvorsitzender, sagt er, habe er "keine andere Funktion als die normalen Aufsichtsratsmitglieder", und er habe da "seiner Kontrollpflicht genügt". Doch er begrüße Rabels Vorschlag, externe Aufsichtsratsvorsitzende zu berufen, um Dinge "auf mehrere Schultern zu verteilen". Oberbürgermeister gedenkt er zu bleiben. Wer anderes wolle, müsse ein Abwahlverfahren einleiten.

> : Weiterer Bericht, : Kommentar.

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