„Unnötig, unpraktisch und zu teuer“

Saarbrücken · Sie sei gut, weil sie sich anpasst und den Osthafen touristisch erschließt, findet die Stadt. Der Rechnungshof ist anderer Ansicht und nimmt die Argumente der Verwaltung auseinander.

 Die Stadt hält die Ponton-Brücke für die ideale Lösung am Saarbrücker Osthafen. Staatliche Finanzkontrolleure halten sie für eine „unwirtschaftlich geplante Baumaßnahme“. Foto: Fabian Bosse

Die Stadt hält die Ponton-Brücke für die ideale Lösung am Saarbrücker Osthafen. Staatliche Finanzkontrolleure halten sie für eine „unwirtschaftlich geplante Baumaßnahme“. Foto: Fabian Bosse

Foto: Fabian Bosse

"Die Stadt hat Geld verschwendet." Das behauptet zwar immer irgendwer, aber in diesem Fall hat die Stimme Gewicht: Der Saarländische Rechnungshof stört sich am Bau der Ponton-Brücke am Osthafen. Hier wurde für 700 000 Euro eine Schwimmbrücke gebaut. Diese Brücke kann sich an den Wasserspiegel anpassen, da sie auf Pontons schwimmt. Gehalten wird sie von Dalben, von im Boden versenkten Pfeilern.

Stadt will mehr am Osthafen

Nun kriegt aber im Rechnungshof-Bericht nicht direkt die Stadt eins auf den Deckel. Der Adressat ist das Innenministerium, weil es das Projekt der Stadt gefördert hat. An der schwimmenden Brücke haben seit Planungsbeginn schon viele Stellen rumgenörgelt: Die alternative Szene am Silo war gegen das Projekt, weil sie lieber wollte, dass in diesem Gebiet die Stadtverwaltung sich mal heraushält. Andere sahen keinen Sinn in einem weiteren Weg, weil es bereits andere Zugänge zu den Daarler Wiesen gibt.

Der Fahrrad-Club ADFC äußerte zu Beginn ebenfalls Kritik, weil ständig von einer Fahrradbrücke die Rede war. ADFC-Sprecher Thomas Fläschner sagte damals, er wäre auch ohne Brücke ausgekommen. Die Nutzergruppe, die den eigentlichen Anlass für die Planung gegeben habe, seien die Besitzer des Yachthafens gewesen. Trotzdem unterstützte der ADFC die Pläne: Mehr Fahrradverkehr in die Stadt bedeute dort eine Wertschöpfung, und die habe die Stadt nötig, sagte Fläschner.

Doch die Stadt wollte und will hier mehr: Zum einen sollte das Gebiet den Tourismus fördern, weil auf dem Leinpfad viele Radfahrer unterwegs seien. Zum anderen sollen hier Wasserflächen nach Überflutungen entstehen, die ökologisch sehr wertvoll seien. Dann solle irgendwann noch ein alter Römerweg wieder an die Oberfläche gebracht werden. Und zu guter Letzt bräuchte es Retentionsflächen, also Überflutungsflächen, die die Stadt vor Hochwasser schützen.

Insgesamt investierte die Stadt in einem ersten Schritt 1,6 Millionen Euro. 50 Prozent davon kostete die Brücke, 25 Prozent kosteten die Wege. Der Rest musste für Kauf und Entsorgung von alten Schiffen verwendet werden, die dort vor sich herrosteten.

Hätte es billiger sein können?

Alles schön und gut, sagt der Rechnungshof: Aber hätte die Brücke so teuer sein müssen? Eine normale Fachwerk-Trogbrücke hätte es aus Sicht der Prüfer auch getan, und die wäre für weniger als 400 000 Euro zu haben gewesen. In Hemmersdorf und Ottweiler sei diese günstige Variante genommen worden, so die Prüfer.

Der Rechnungshof hatte vom Innenministerium die Argumente der Stadt für diese Brücke übermittelt bekommen. Eine Brücke, die auf dem Wasser schwimme, statt nur starr über dem Wasser zu schweben, wäre bei Hochwasser praktisch, habe es dort geheißen. Bei einem extremen Hochwasser, das statistisch gesehen alle 200 Jahre die Stadt trifft, könne Treibgut an einer normalen Brücke hängen bleiben. Die Pontonbrücke verhindere zudem, dass dort Boote einfach weiterfahren, die dort nichts zu suchen hätten. Die Erklärung der Stadt für die Absenkung des Geländes: Die sei nötig gewesen, um die Höhe an die Fußwege und den Sportboothafen anzugleichen.

Prüfer zerpflücken Argumente

Der Rechnungshof kann mit diesen Argumenten wenig anfangen: "Die Stellungnahme war nicht geeignet, die Feststellungen des Rechnungshofes zu widerlegen." Die Absenkung des Geländes führe jetzt bereits dazu, dass die Brücke schon bei einem halben Meter über dem Normalwasserstand nicht mehr behindertengerecht befahrbar sei, weil die Neigung der Brücke auf über sechs Prozent steigen würde. Wenn das Wasser auf Geländeniveau stehen würde - und das passiere, so der Rechnungshof, rechnerisch ein- bis zweimal im Jahr - sei gar mit einer Neigung von 23 Prozent zu rechnen. Die Verkehrssicherheit sei da nicht mehr gegeben. Sollte es indes zu einem 200-jährigen Hochwasser kommen, hätte die Stadt ganz andere Probleme, als dass lediglich Treibgut die Brücke gefährde. Dann stünde nämlich zum Beispiel der St. Johanner Markt 3,20 Meter unter Wasser . Zum Vergleich: Das Hochwasser von 1993 gilt als HQ 100, als ein Ereignis, dass statistisch alle 100 Jahre auftritt. Damals gelangte das Wasser der Saar bereits auf den St. Johanner Markt. Die Einfahrt von Booten in den Altarm der Saar wiederum hätte man auch mit Bojen oder Ketten verhindern können.

Ein letztes Argument entkräftete der Rechnungshof auch noch: Die Anpassung des Umlandes habe nicht zu der gewünschten Höhengleichheit von Sportboothafen, Hausbootanleger und neuem Fußweg geführt: Denn der Höhenunterschied läge nun bei zwei Metern, also dem Gegenteil von dem, was die Stadt eigentlich erreichen wollte. Zusammenfassend heißt es im Rechnungshof-Bericht: Die Mehrkosten von einer halben Million Euro wären vermeidbar gewesen. "Die Pontonbrücke ist ein Beispiel für die Förderung unwirtschaftlich geplanter Baumaßnahmen."

Gelassene Antwort der Stadt

Die Stadt antwortet gelassen auf die Vorwürfe des Rechnungshofes: Der Rechnungshof beziehe sich bei seinen Berechnungen auf die falschen Kostenangaben. "Im Vorfeld des Baus der Pontonbrücke hatte ein Ingenieurbüro insgesamt vier verschiedene Brückenlösungen mit einer jeweiligen Kostenschätzung ausgearbeitet", sagt Stadtpressesprecher Thomas Blug. Als wirtschaftlichste Lösung habe sich die Pontonbrücke herausgestellt. Die Kostenschätzung laut Vorplanung: 700 000 Euro. Die Ingenieure hatten für diese Lösung in etwa gleich hohe Kosten wie für die vom Rechnungshof favorisierte Fachwerkbrücke ermittelt. Aufgrund der Vorzüge der Pontonbrücke, unter anderem wegen des besseren Hochwasserschutzes, habe die Stadt sich für diese Lösung entschieden. Die Vor- und Nachteile der Lösungen wurden schließlich im Bauausschuss vorgestellt und zur Entscheidung vorgelegt.

"Die vom Rechnungshof genannten 300 000 Euro für die Fachwerkbrücke beruhen auf einer früheren Anfrage bei einem Brückenhersteller. Sie beruhen auf einem Richtpreis, dem jedoch noch keine belastbare Vorplanung zugrundelag", sagt Blug.

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Hintergrund Der Rechnungshof ist das oberste Organ der staatlichen Finanzkontrolle im Saarland. Er ist unabhängig von Parlament und Landesregierung. Der Rechnungshof prüft die Haushalts- und Wirtschaftsführung des Landes einschließlich seiner Sondervermögen und Betriebe. Der Rechnungshof entscheidet selbst, was er wann in welchem Umfang prüft. Derzeit hat der Rechnungshof 45 Bedienstete. red

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