Leichtfüßige Lyrik und eine Abrechnung mit der Blasmusik

Saarbrücken · Autoren, die noch nicht veröffentlich haben, lesen aus ihren Werken vor Publikum und Experten. Die reagieren mit Lob und Kritik. Am Montag wagten sich zwei Autoren wieder auf die Bühne.

 Adrian Rüdiger und Yvonne Lachmann lasen vor Publikum im Saarländischen Künstlerhaus. Foto: Karger

Adrian Rüdiger und Yvonne Lachmann lasen vor Publikum im Saarländischen Künstlerhaus. Foto: Karger

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Mit der Veranstaltung "Heldentod auf Seite 3" bietet das Saarländische Künstlerhaus Autoren, die noch nicht veröffentlicht haben, ein Forum. Sie tragen vor dem Publikum, zu dem immer einige Mitglieder des Schriftstellerverbandes gehören, ihre Texte vor und bekommen Lob und Kritik.

Klaus Behringer, Autor und Vorsitzender des Saarländischen Schriftstellerverbandes, führte am Montag durch den Abend. Yvonne Lachmann, 1996 in Pforzheim geboren, trug leichtfüßige Lyrik vor, immer bereit, mit einem kecken Schwung und einem letzten Wort die Nachdenklichkeit wie über eine Art Klippe hängen zu lassen, auf dass der Hörer nicht beschwert, aber doch irritiert werde. Lachmann bannte das Publikum mit ihrer Bühnenpräsenz. Autor Erhard Schmied empfand das aber als flüchtig. Andere im Publikum erhaschten die Bilder und freuten sich an der Sprachdynamik.

Moderator Behringer hakte ein, verstieg sich in Assoziationen von "Zivilisationsballast", "Naturdichtung", "Mythos", "Odin und dem Todesvogel" und erntete von Lachmann ein charmantes "Mein Glück ist, dass ich nicht so viel weiß wie Du." Es ginge nur um drei Raben. Bündeln und mitteilen wolle sie ihre Wahrnehmung. Wie im zitierten Kafkatext vom "Wunsch, ein Indianer zu sein" bemerkte der Autor Jörg Gronius auch bei Lachmann eine Körperlichkeit, die zu fliegen beginnt, einen Theatermenschen, der das Wort ergreift.

Dann folgte eine Kampfschrift des Musikers Adrian Rüdiger. Er ist ein Musiker aus Hoerdt/Pfalz. Der 24-Jährige studiert in Saarbrücken Musikwissenschaft und Kunstgeschichte. Im Essay-Schreibkurs von Klaus Behringer verfasste er einen lebendigen und kundigen Aufruf an alle Blasmusiker, die es mit der traditionellen Blasmusik aufnehmen wollen. Rüdiger weiß um die Vorbehalte. Blasmusik , das sei "Alte Kameraden", großer Zapfenstreich und die Begleitmusik zahlloser Hitlerdokumentationen. Adrian Rüdiger ging nacheinander ein auf den Walzer, die Polka und den Marsch. Die Schönheit dieser Musik leide an der Biederkeit der Ausführenden, die einem Dreivierteltakt den Schwung raubten, weil sie ihn stur als drei Viertel spielen. "Der Rhtyhmus muss eiern", meint er, über diese "Nuancen der Verzögerung und des Eilens" entscheiden wahre Musiker und Dirigenten. Alles in die Noten zu schreiben, wie Mahler es tat, entziehe dem Musiker das Vertrauen, mache ihn zur Musiziermaschine, dann "lahmarscht der Walzer, poltert die Polka." Rüdiger schloss mit dem Appell: "Hört auf, in Noten statt in Musik zu denken!" Klaus Behringer übertrug das auf andere Kunstschaffende. Aber eigentlich gilt es für jedermann: Wahrnehmung schlägt Gebrauchsanweisung.

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