Britz lehnt Verkauf von Stadtwerken oder Wohnungen ab

Saarbrücken · Die jüngste Studie zur Pro-Kopf-Verschuldung von Großstädten stößt auf Kritik von Verwaltungschefin Charlotte Britz. Sie werde wichtige Einrichtungen in der Stadt nicht aufgeben, um in Studien besser dazustehen.

 Charlotte Britz

Charlotte Britz

Foto: Dietze

Oberbürgermeisterin Charlotte Britz (SPD ) warnt davor, das Problem der kommunalen Verschuldung auf der Basis fragwürdiger "Schulden-Rankings" zu diskutieren. "Natürlich haben Städte, die ihre Stadtwerke, Verkehrsbetriebe, Kliniken oder Wohnungsbaugesellschaften verkauft haben, unter Umständen kurzfristig weniger Pro-Kopf-Schulden. Sie geben damit aber auch wichtige Steuerungselemente und somit ein Stück kommunaler Selbstverwaltung auf. Und sie geben Filetstücke und potenzielle Einnahmequellen auf, die sich Private gerne sichern, während sie nicht lukrative Dienstleistungen für den Bürger abstoßen." Britz reagiert damit auf die jüngste Untersuchung der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Ernst&Young. Demnach war Saarbrücken 2014 bei der Pro-Kopf-Verschuldung mit 11 568 Euro bundesweit spitze. Ernst&Young hatte dabei alle Großstädte über 100 000 Einwohner verglichen (die SZ berichtete).

Britz erklärt, dass Städte, die zuschussbedürftige Kulturangebote und Freizeiteinrichtungen dichtmachen, kurzfristig weniger Schulden hätten: "Die Rechnung für eine schönere Zahl in ‚Schulden-Rankings' zahlen dann die Bürger ." Wer Gesellschaften erhält und mit ihnen in die Infrastruktur für die Bürger investiert - in neue Gewerbeflächen wie am Eurobahnhof, in erneuerbare Energien, in sozialen Wohnungsbau - der müsse Kredite aufnehmen.

Nach Ansicht von Britz ist es auch nicht möglich, die Finanzausstattung von Kommunen über Ländergrenzen hinweg seriös miteinander zu vergleichen. Denn die Aufgabenverteilung zwischen Land, Kreisen und Kommunen sei in den Bundesländern verschieden. Gleichzeitig nähmen die Städte unterschiedliche Funktionen in ihren Bundesländern ein. Britz: "Saarbrücken ist Landeshauptstadt, hier ballen sich die sozialen Probleme, die das Saarland aufgrund seiner Entwicklung hat. Mit der Folge, dass die Sozialausgaben explodieren. Etwa die Hälfte aller saarländischen Hartz-IV-Empfänger lebt im Regionalverband, mehr als zwei Drittel davon in Saarbrücken . Ein Drittel der Saarbrücker Ausgaben fließen an den Regionalverband - im Schwerpunkt für Sozialausgaben." Saarbrücken sei trotzdem attraktiv und investiere. "Die Bevölkerungszahlen sind stabil, die Lebensqualität ist hoch, die Lebenshaltungskosten sind günstig. Die kulturelle Vielfalt, das Einkaufs- und Freizeitangebot ist im Vergleich mit anderen Städten unserer Größenordnung hervorragend. Das sind für mich die entscheidenden Messwerte", sagt die Oberbürgermeisterin. Sie gibt zu, dass sich Saarbrücken in einer sehr schwierigen finanziellen Situation befinde. Die Verwaltung werde ihre Sparanstrengungen forcieren. Britz: "Wir werden aber gleichzeitig mit anderen Städten und Gemeinden für unsere Handlungsfähigkeit kämpfen und für eine Altschuldenlösung." 2016 muss die Stadt nur wegen dieser Altschulden 30 Millionen Euro Kredite aufnehmen. Ende 2016 ist die Stadt voraussichtlich mit 1,16 Milliarden Euro verschuldet.

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