Schnitzkunst Gemütliches Plätzchen genau auf der Grenze

St. Ingbert · An einem geschichtsträchtigen Ort, im Gehnbachtal bei St. Ingbert, steht jetzt eine Sinnenbank. Und zwar an einem wiederentdeckten alten Brunnen.

 Konrad Weigerber, Bodenexperte Frank Haubrich und dessen Sohn Christoph (von rechts) auf der Grenzbank in der Gehnbach.

Konrad Weigerber, Bodenexperte Frank Haubrich und dessen Sohn Christoph (von rechts) auf der Grenzbank in der Gehnbach.

Foto: Cornelia Jung

Die Gehnbach scheint noch einige Überraschungen parat zu haben. Nachdem der Heimat- und Verkehrsverein (HVV) sowie die Gehnbachfreunde auf eine Moritat um einen Mord aufmerksam wurden, nahmen sie diese Geschichte zum Anlass für weitere Recherchen. Als sie sich als wahr herausstellte und durch Archivarbeit mit Fakten aus Zeitungen und Urkunden von Ende des 19. Jahrhunderts belegt werden konnte, ließen die Freunde der Gehnbach und ein befreundeter Kettensägenschnitzer die Fantasie spielen.

Sie schufen zwei Sitzgelegenheiten, die mit „Matz und Greth“ Opfer und Täterin in Holz verewigten. An den Bänken geben Schilder Auskunft über die wahren Hintergründe der Tat und der handelnden Personen. Doch schon einige Monate vor deren Aufstellen war Konrad Weisgerber auf eine andere interessante Tatsache am feuchten „Gehnbachgrund“ gestoßen. Als Vorsitzender des HVV, der auch Grenzsteinwanderungen anbietet, ist er beim Studium alter Karten auf eine Quelle, den sogenannten Kuhfladderbrunnen, aufmerksam geworden.

Während sich die Grenze, im Wechsel zwischen den Herrschaften von der Leyen und Nassau Saarbrücken, den Kantonen Blieskastel und St. Arnual, den verschiedenen Landesadministrationen, Bayern und Preußen, den Bistümern Speyer und Trier und den heutigen Landkreisen, immer an den Grenzsteinen orientierte, wich man in der Gehnbach davon ab. Hier verlief die Gemarkungsgrenze zwischen Grenzstein 16 und 17 nicht geradlinig, sondern unter Bildung eines spitzen Winkels über den „Kuhfladenbrunnen“, der schon in alten Bannbeschreibungen um 1530 erwähnt wird.

Weisgerbers Interesse war geweckt und er wälzte viele Unterlagen, um mehr über den Brunnen zu erfahren. Parallel versuchte er mittels alter Längen- und Winkelangaben, die genaue Stelle des fast versiegten Rinnsals zu finden. Unter Einbeziehung aller ihm zur Verfügung stehenden Mittel, Berechnung der heutigen Lage unter Berücksichtigung der Veränderung des Magnetfeldes, aktuelle Vermessung und des Wissens um die Größe alter Längenangaben wie des „Saarbrücker Schuh“, unternahm er erste Sondierungen. Feucht war es an allen diesen Stellen. Mit etwas Unterstützung des Bodenkundlers Frank Haubrich, der Hinweise anhand der Bodenprofile gab, kamen sie dem alten Brunnen näher.

Ein Fund eines kleinen Glasfläschens verstärkte den Eindruck. Irgendwann floss dann das Wasser aus dem Hang und Weisgerber und Haubrich kamen damit der Stelle, die in historischen Karten abgebildet ist, ziemlich nah. In diesem Moment reifte die Idee, an eben jener lauschigen Stelle eine Grenzbank aufzustellen, die nun exakt auf der historischen Grenze steht. „Man sitzt mit dem Rücken in Preußen, die Beine in Bayern“, so Weisgerber.

Spaziergänger und Wanderer können in Sichtweite des hölzernen Matz auf der geschwungenen Sinnenbank entspannen, dem Plätschern des Wassers lauschen und Wasserfrosch und Libellen beobachten. Über die wechselvolle Geschichte dieses Eckchens Natur gibt eine Tafel Auskunft. Gefertigt und aufgebaut wurde die Bank aus Lärchenholz in bewährter Zusammenarbeit von den Gehnbachfreunden und dem HVV. Gefördert wurde die Aktion durch das Programm „Saarland zum Selbermachen“ der Landesregierung, indem die Materialkosten übernommen und die Rückschnittarbeiten an den umstehenden Bäumen vom Saarforst ausgeführt wurden.

Die Stelle wurde auch unter einem anderen Aspekt heraus mit Bedacht ausgewählt, denn am Kuhfladderbrunnen trafen sich schon Ende des 18. Jahrhunderts die Vermesser Voydeville (von der Leyen) und Knörzer (Nassau Saarbrücken). Einzelne Latten der Bank sind in den preußischen und bayrischen Farben gehalten. Im nächsten Jahr wird die alljährliche Grenzbegehung der VHS und des HVV auch an jener Stelle beginnen.

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