Mächtig Gegenwind für Windräder

Heusweiler · Befürworter der Energiewende gibt es viele. Aber viele möchten auch keine Windräder in ihrer Nachbarschaft sehen. Das zeigte sich in den vergangenen Tagen auch bei den Diskussionen in den Heusweiler Ortsräten.

 Derzeit diskutieren die Heusweiler Ortsräte über mögliche Standorte für Windräder. Archivfoto: Steffen Rasche/dpa

Derzeit diskutieren die Heusweiler Ortsräte über mögliche Standorte für Windräder. Archivfoto: Steffen Rasche/dpa

Wie mehrfach berichtet, könnten auf dem Gebiet der Gemeinde Heusweiler bis zu sechs Windräder aufgestellt werden: drei im Kirschhofer Wald zwischen Eiweiler und Numborn, eins im Eiweiler Wengenwald westlich des Friedhofes, eins am Lohberg südwestlich von Niedersalbach und nordwestlich von Herchenbach sowie eins im Fröhner Wald bei Holz. Derzeit befassen sich die Ortsräte mit den in Frage kommenden Flächen. Ihre Stellungnahmen werden im Heusweiler Gemeinderat beraten und als Stellungnahme der Gemeinde an den Regionalverband Saarbrücken weitergeleitet. Die Entscheidung, ob und wo Windräder aufgestellt werden, wird in der Regionalverbandskonferenz gefällt. Wir haben Stimmen aus den Ortsräten zusammengetragen. Holz: "Auf erneuerbare Energien umzusteigen, ist politischer Wille. Nicht von Heusweiler, sondern von der Bundesregierung, die den Ausstieg aus der Kernkraft beschlossen hat. Und wenn man das eine nicht mehr will, muss man sich überlegen, wo der Strom herkommen soll", sagte der Holzer Ortsvorsteher Jan Paul (SPD). Ein Bürger meinte: "Warum will man ein Windrad in der Fröhn aufbauen? Besser wär‘s doch auf der Bietschieder Höhe, da wohnt keiner." Es wurden auch andere Argumente gegen ein Windrad in der Fröhn bemüht, wie Zerstörung der Natur, negative Beeinflussung des Premium Wanderweges oder Lärmbelästigungen. Die 45 Dezibel Lärm, die am ersten Wohnhaus in Holz ankommen, wurden als "zu laut, unerträglich" und "krank machend" bezeichnet. Die Heusweiler Bauamtsleiterin Sabine Leinenbach wies darauf hin, dass keine Kommune in Sachen Windräder eine Nulllösung vorschlagen kann. "Wir können nicht sagen: Ich will das nicht. Sondern wir müssen eine Fläche anbieten."

Sascha Mund (SPD) versuchte, den Bürgern klar zu machen, was eine Verweigerung der Gemeinde bedeuten könne: "Wenn wir dem vorliegenden Flächennutzungsplan zustimmen, können Windkraftanlagen nur in den dort ausgewiesenen Flächen aufgestellt werden. Wenn wir nicht zustimmen, könnte es auch sein - ich übertreibe bewusst - dass ein Windrad auf dem Holzer Marktplatz aufgestellt wird." Auf Vorschlag von Jan Paul beschloss der Ortsrat einstimmig, dem vorliegenden Flächennutzungsplan des Regionalverbandes zuzustimmen.

Allerdings wünscht der Holzer Ortsrat zwei Änderungen: der im Flächennutzungsplan auf 650 Meter festgelegte Mindestabstand zwischen Windrad und Wohnbebauung solle auf 800 Meter erweitert werden. Sollte dennoch im Fröhner Wald eine Anlage gebaut werden, dann bestehe der Ortsrat darauf, dass der Eingriff an anderer Stelle im Wald ausgeglichen werde, sprich neue Bäume gepflanzt werden sollen.

Eiweiler: Dass ein Windrad in der Nähe des Friedhofs gebaut werden soll, stieß bei Adolf Schenk (SPD) auf Unverständnis: "Der Friedhof ist ein Ort des Friedens und der Besinnlichkeit. Dort will ich nicht ständig Mussik haben." Auch gegen die drei möglichen Windräder am Kirschhofer Wald sprach sich Schenk aus: "Der Kirschhofer Wald ist ein Kleinod, dort gehört kein Windrad hin."

Die Ansicht von Ortsvorsteher Hermann Bär (CDU) "Wir wissen eins: wenn wir keine Windkraftzonen ausweisen, können Windräder überall aufgestellt werden", kommentierte Schenk mit: "Das ist Erpressung." Dennoch fasste der Rat einen einstimmigen Beschluss: Der Ortsrat lehnt den Bau von Windrädern im Wengenwald und im Kirschhofer Wald ab.

CDU-Sprecher Michael Paul: "Wir stimmen zu, dass es notwendig ist, auf regenerative Energieerzeugung zu setzen, um die Energiewende zu schaffen." Die Standorte in Eiweiler seien für eine optimale Stromerzeugung aber nicht geeignet.

Niedersalbach: Der Ortsrat betonte, "dass er für eine Energiewende und für Windkraftanlagen" ist. Die in Frage kommende Fläche am Lohberg läge jedoch nur 650 Meter von der Wohnbebauung weg - das sei zu dicht. "Der Regionalverband will mit einer derartigen Festlegung im geänderten Flächennutzungsplan angesichts einer relativ dichten Besiedlung eine möglichst hohe Zahl von Konzentrationsflächen erreichen", sagte Wolfgang Raber (CDU).

Der Ortsrat bat die Gemeindeverwaltung einstimmig, den 650-Meter-Mindestabstand zwischen Windrad und Wohnbebauung und die daraus resultierende Lärmbelästigung "kritisch zu hinterfragen".

In Holz hat sich am Dienstag eine Bürgerinitiative (BI) gegründet, die sich, insbesondere im Hinblick auf die Nachbarkommune Riegelsberg, gegen eine intensive Nutzung des Fröhner Waldes durch Windkraftanlagen wendet. Zur Gründung sei es spontan durch 16 Holzer Bürger gekommen, so BI Sprecher Peter Hoffmann, der einen sehr großen Zulauf erwartet.

"Ich kenne keinen, der gegen Windkraft ist", so Hoffmann, "aber bitte nicht dort, wo sie Menschen schädigt." Bereits am Freitag hat Hoffmann die ersten 16 individuellen Widersprüche im Heusweiler Rathaus übergeben, Kopien gehen an die Gemeinde Riegelsberg und den Regionalverband. Die Begründungen in den Einwendungen sind vielfältig. Da heißt es zum Beispiel, dass die Windkraftanlagen nur etwa 500 Meter vom eigenen Haus entfernt stehen würden, "in einigen Bundesländern wird diskutiert, die Abstandsgrenze zu Wohngebieten auf 1500 bis 2000 Meter zu begrenzen. Hier stellt sich mir die Frage, warum in dicht besiedelten Wohngebieten des Regionalverbandes die Abstandsgrenze (maßgeblich und wissentlich) unterschritten wird." (im Regionalverband ist ein Mindestabstand von 650 Meter vorgesehen, während zum Beispiel in Tholey ein Abstand von 1000 Metern gilt)

Ein anderer Widerspruch geht davon aus, dass Riegelsberger Windkraftanlagen zwar 1800 Meter vom Kaufland entfernt seien, jedoch nur 550 Meter von Holz; eigentlich müsse es da von Riegelsberger Seite heißen, "wir wollen den Holzern ein paar Windräder in der Größenordnung des Stuttgarter Fernsehturms vor ihre Häuser setzen". Überwiegend sei Holz, da in der Hauptwindrichtung liegend, dem Lärm ausgesetzt. Durch Rotorflügel und Antriebsstrang entstehe ein Schalldruckpegel von 120 Dezibel, in 600 Meter Entfernung könne noch über 50 Dezibel erreicht werden - im ganzen Saarland würden 1000 Meter Mindestabstand eingehalten, nur nicht im dicht besiedelten Regionalverband. Die Weltgesundheitsorganisation empfehle einen Abstand von 2000 Metern. Die Hauptmotivation für Windkraftanlagen seien Renditen bis zu 9 Prozent.

In einem anderen Widerspruch heißt es: "Ich wehre mich als Holzer Bürger gegen die bedrohlichen Veränderungen eines intakten Waldgebietes, das den Holzer und Riegelsberger Bürgern eigentlich als Naherholung dient." Zudem wird auf die Zerstörungen im Wald durch Kräne und Baufahrzeuge hingewiesen, und: "Die optische Wirkung von diesen riesigen Rotorblättern direkt über unseren Köpfen mit allen anderen Fakten wie Dauerlärm, ständiges Blinken, Eiswurf in kalten Jahreszeiten ist ein Angriff auf die Gesundheit aller Kinder und Erwachsenen, die hier Erholung suchen." Ein weiterer Widerspruch bringt einen Größenvergleich: Der Rotorblätter-Spitzen würden 200 Meter über dem Fröhner Wald stehen, der Sender Göttelborn sei 208 Meter hoch.

Weitere Einwände beziehen sich auf den Schattenwurf der Anlagen und einen vermuteten Wertverlust der Häuser bis hin zu "unverkäuflich". Ebenfalls angeführt wird, dass Windräder auch Schallwellen im Infraschallbereich erzeugten, was zwar für Menschen nicht hörbar sei, aber das Gehirn dennoch beeinflussen könne, so mahne das Robert-Koch-Institut genauere Untersuchungen zu diesem Thema an.

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HintergrundLautstärke: Bei 0 Dezibel (dB) Schallpegel liegt die Hörschwelle eines "normal" hörenden Menschen. Das für Naturschutz zuständige Bundesministerium nennt als Beispiele für ansteigenden Lärmpegel: 30 dB: Leises Uhrticken, feiner Landregen; 40 dB: nahes Flüstern, ruhige Wohnstraße; 50 dB: normale Unterhaltung; 60 dB: Unterhaltung aus einem Meter Abstand, Bürolärm; 70 dB: laute Unterhaltung, Rufen; 80 dB: starker Straßenverkehr; 90 dB: laute Fabrikhalle; 100 dB: Autohupe in 7 Meter Abstand; 110 dB: Kesselschmiede; 120 dB: Flugzeugtriebwerk. mr

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