Rekorde bei Armut und Hunger

Unsere Woche · Eine Woche mit zwei Rekorden geht zu Ende. Rekord eins: Fast 860 Saarbrücker verbrachten das Fest der Liebe im E-Werk. Sie flohen vor der Einsamkeit. Und der Armut, die wie ein Schatten über jedem Tag liegt. Viele hatten selbst an Heiligabend nicht genug Geld, um es sich oder ihren Lieben mal richtig gut gehen zu lassen. Die Organisatoren sehen dieses Fest wachsen. Das Programm stimmt also. Aber es füllt eine Lücke, auf die niemand stolz sein kann. In einem der reichsten Länder der Welt bleibt die Sorge ums finanzielle Überleben sogar an Weihnachten akut. Kein Wunder in einer Region, aus der die Not trotz aller vermeintlichen Jobwunder nicht weicht. Hier lastet die Armut auf allen Generationen. Knapp die Hälfte der saarländischen Hartz-IV-Empfänger lebt im Regionalverband. Jedes vierte Kind lebt von Hartz IV. Bei der Altersarmut liegt der Regionalverband nicht nur weit vor dem restlichen Saarland, sondern auch weit über dem Bundesdurchschnitt. Das trägt zu Rekord Nummer zwei bei: Diese Woche stellte die Saarbrücker Tafel der SZ die neue Nutzer-Statistik vor. Seit sechs Wochen gibt es in Burbach wieder Ausweise für Neukunden . 350 haben sich gemeldet. Es sind Menschen, hinter denen weitere Schicksale stehen. Denn vom Essen, das die neuen Bezieher aus dem Tafel-Haus mitbringen, leben ja meist Familien. 4000 Kinder, Frauen und Männer hätten ohne verbilligte Lebensmittel nicht genug zu essen. Arbeitslosigkeit, magere Löhne und Renten haben die finanziellen Reserven der Kundschaft ausgehöhlt. Wenn die denn jemals Reserven schaffen konnte. Die Ehrenamtlichen von der Tafel haben Recht, wenn sie ein menschenwürdiges Einkommen für jeden fordern. Sie liegen richtig, wenn sie den Appell an Politiker richten. Denn die haben den Regionalverband zu einem der größten Sozialämter Deutschlands gemacht. Die Ehrenamtlichen von der Tafel und der Heiligabendaktion können den Sozialstaat nicht retten. Aber sie sind wenigstens da, wo Politiker sich lieber nicht blicken lassen. Bei den Opfern ihrer Kürzungsorgien.

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