Wenn auf Batman, Winnetou und die andern kein Verlass mehr ist

Saarbrücken · Weihnachten war Heldenzeit. Sie kamen mit dem Christkind. Es brachte mir Asterix und Obelix , Lederstrumpf und den letzten Mohikaner, Emil und die Detektive, Winnetou und Old Shatterhand, Batman und Superman . Ich war ein Kind, meine Helden stiegen aus Büchern und Comics in meine Welt und haben mich durchs Jahr gebracht.

Einigen von ihnen bin ich vor einigen Wochen noch mal begegnet - in der Tante Anna, einer Kneipe schräg gegenüber der Basilika. Da hingen sie an den Wänden: Superman , Ironman, Spiderman. Die Helden meiner Kindheit waren zu Kunst erstarrt. Und beim Betrachten der Bilder schlich sich die Erkenntnis ran: Als Kunst taugen sie etwas, als Helden für mich schon lange nicht mehr.

Je älter man werde, desto schwieriger werde es, Helden zu haben, hat Ernest Hemingway gesagt. Und ergänzt: "Aber genau das ist notwendig" - Helden zu haben.

Aber da ist Weihnachten verlässlich: Diese Woche sind sie wieder aufgetaucht, die Helden dieser Zeit: Die Männer und Frauen, die in diesen Tagen den Kältebus in die Nähe der Saarbahnhaltestelle Römerkastell gestellt haben, um dort einsame und obdachlose Menschen abends noch mit warmem Essen und heißen Getränken zu versorgen und durch die Nacht zu begleiten. Frauen und Männer, die nicht sagen, dass sie das alles nichts angeht und sich der Staat doch kümmern soll, weil man ja schließlich Steuern zahle.

Frauen und Männer wie die Christen, die an diesem Heiligabend wieder gut 600 Menschen im E-Werk auf den Burbacher Saarterrassen bewirten. Die eine Feier gestalten, die auch immer mehr Kindern, die sonst vielleicht an diesem Fest voller Wunder nur vor dem Fernseher sitzen würden, ein Glänzen in die Augen bringen.

Und dann gab es diese Woche noch die Menschen, die trotz des Terrors den Mut und die Zuversicht nicht verloren, den Verstand nicht abgeschaltet haben. Menschen, die nicht glauben wollen, dass man die Welt in Schwarz und Weiß einteilen kann, auch wenn viele das voller Hass im Herzen tun. Menschen, die nicht von Kriegszustand schwadronieren, sondern sich gemeinsam darüber Gedanken machen, wie man zum Frieden kommen könnte - ohne dabei naiv zu ignorieren, dass die Welt voller Wut ist.

Auch wenn auf Superman , Batman , Winnetou und die andern kein Verlass mehr ist: Weihnachten bleibt Heldenzeit.

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