Umstrittene Abholz-Aktion „Das Gelände ist komplett verwüstet“

Saarbrücken · Auf dem Saarbrücker Sonnenberg wurden 150 Bäume gefällt. Dadurch seien bedrohte Tierarten akut gefährdet, sagen Naturschützer.

 Die Arbeiter haben tiefe Schneisen in den Wald geschlagen. Als Grund geben die Verantwortlichen Sicherheitsbedenken an.

Die Arbeiter haben tiefe Schneisen in den Wald geschlagen. Als Grund geben die Verantwortlichen Sicherheitsbedenken an.

Foto: Ute Fugmann (Naturschutzbeauftragte Saarbrücken)/Ute Fugmann

„Das ist eine sehr unglückliche Geschichte.“ So kommentiert Ute Fugmann, Naturschutzbeauftragte der Landeshauptstadt, das Ergebnis der Fällarbeiten auf dem Saarbrücker Sonnenberg. 150 Bäume wurden dort im Auftrag des Saarforst Landesbetriebes, für den das saarländische Umweltministerium verantwortlich zeichnet, in der vergangenen Woche abgeholzt. Pächter des Waldstückes entlang der Auffahrt zur Klinik Sonnenberg – und damit für die Sicherheit auf dem Gelände verantwortlich – ist die Saarland Heilstätten GmbH (SHG).

Die Arbeiter hätten schweres Gerät eingesetzt, um die Baumstämme abzutransportieren, sagt Ute Fugmann. Dabei sei auch der Waldboden in Mitleidenschaft gezogen worden. „Ich war völlig geschockt. Das Gelände ist komplett verwüstet“, so die Naturschutzbeauftragte. Das sei vor allem deswegen problematisch, da bedrohte Amphibien ab Mitte März auf dem Weg zu ihren Laichgründen seien und für viele Vögel bereits die Brutzeit begonnen habe.

„Der Zeitpunkt hätte kaum ungünstiger sein können“, bestätigt Wega Kling, zweite Vorsitzende des Naturschutzbundes Deutschland (Nabu) in Saarbrücken. Nicht ohne Grund sehe der Gesetzgeber für solche Waldarbeiten einen Zeitraum zwischen September und Februar vor. „In dem Gebiet brüten derzeit unter anderem Specht, Kleiber, Meise und Greifvogelarten wie die Eule“, sagt Kling. „Ihr Brutgeschäft kann durch solche Arbeiten unterbrochen werden.“

Auch bedrohte Amphibien wie die Erdkröte, der Grasfrosch und verschiedene Molcharten seien betroffen, sagt Naturschutzbeauftragte Ute Fugmann. Um sie bei der Wanderung zu ihren Laichgründen zu unterstützen, hat der Nabu aktuell Krötenzäune in dem Gebiet aufgestellt (wir berichteten). Sie sollen die Tiere in Eimer lenken, wo sie von freiwilligen Helfern aufgesammelt und zum Zielort transportiert werden.

Fugmann kritisiert, dass sie vom Saarforst nicht über die Arbeiten informiert worden sei. „Wenn in dem Gebiet wirklich eine akute Gefahr bestanden hätte, hätte ich meine Helfer da ja gar nicht reinschicken dürfen.“ Sie habe erst von einem Freiwilligen, der nach den Eimern sehen wollte, von den Fällarbeiten erfahren. „Wie sich das auf die Tiere auswirken wird, ist derzeit noch nicht abzusehen, uns wurden jetzt erst mal alle Kontrollgänge untersagt.“ Der Fall sei „ein Paradebeispiel für die schlechte Kommunikation zwischen der Stadt und der Landesregierung“, klagt Fugmann. „Und er zeigt, dass Artenschutz hierzulande nicht ernst genommen wird. Wir wollen die Tiere schützen und bekommen keine Informationen.“

Der Auftrag zur Kontrolle des Waldgebiets sei von der SHG erteilt worden, sagt Wolfgang Wöllner, der bei der SHG für Bauprojekte und Liegenschaften zuständig ist. Der zuständige Förster, Ernest Ptok, habe das Gebiet dann im Januar erstmals kontrolliert und dabei eine „akute Gefahr“ festgestellt, sagt er. „Damals standen dort noch keine Krötenzäune, uns war auch nichts darüber bekannt“, so Ptok. Die Fällarbeiten seien dringend nötig gewesen. „Wir haben keine Bäume entnommen, die nicht entnommen werden mussten.“ Ptok habe bei der Kontrolle Fäulnis und Pilzbefall festgestellt. Der Förster spricht von einer „unaufschiebbaren Verkehrssicherungsmaßnahme“, die auch außerhalb der vorgesehenen Zeiten durchgeführt werden könne.

 Ute Fugmann, Naturschutz­beauftragte der  Stadt Saar­brücken.   Foto: LHS

Ute Fugmann, Naturschutz­beauftragte der Stadt Saar­brücken. Foto: LHS

Foto: LHS Saarbrücken

Auch auf die Frage, warum die betroffenen Bäume erst drei Monate nach der Kontrolle gefällt wurden, hat Ptok eine Antwort. „So etwas braucht einen gewissen Vorlauf.“ Die Arbeiten seien wegen der Hanglage vergleichsweise aufwändig gewesen, zudem habe der Saarforst Landesbetrieb zunächst entsprechende Genehmigungen einholen müssen.

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