Führungswechsel Severin verlässt wohl Stadtwerke Saarbrücken

Saarbrücken · Es soll ein Chefwechsel der stillen Art werden. Der Vertrag ist nicht verlängert worden. Ein Nachfolger ist nicht bekannt.

 Die beiden Stadtwerke-Geschäftsführer Thomas Severin und Peter Edlinger (v.l.).Möglicherweise soll der Platz an Edlingers Seite an einen verdienten Partei-Soldaten der Stadt vergeben werden.

Die beiden Stadtwerke-Geschäftsführer Thomas Severin und Peter Edlinger (v.l.).Möglicherweise soll der Platz an Edlingers Seite an einen verdienten Partei-Soldaten der Stadt vergeben werden.

Foto: Iris Maria Maurer

Machtwechsel vollziehen sich selten geräuschlos. Vor allem dann nicht, wenn es sich um ein Unternehmen handelt, bei dem ein öffentlicher Eigentümer das Sagen hat. Doch bei Thomas Severin, dem Sprecher der Geschäftsführung der Stadtwerke Saarbrücken, ist dies anders. Er soll nach acht Jahren an der Spitze des städtischen Konzerns Ende 2019 in aller Stille seine Koffer packen. Dann läuft sein Vertrag regulär aus.

Üblich ist, dass ein Jahr vor dem Ende der Laufzeit darüber entschieden wird, ob ein Kontrakt, der Top-Führungskräfte betrifft, verlängert wird oder nicht. Das geschah auch in diesem Fall. Im Dezember hatte sich das zuständige Gremium, der Gesellschafterausschuss der Stadtwerke Saarbrücken Holding, an dessen Spitze Oberbürgermeisterin Charlotte Britz (SPD) steht, in aller Stille gegen eine Verlängerung ausgesprochen. Der 59-jährige Severin ließ hingegen durchblicken, dass er gerne noch zwei Jahre weitermachen will.

Gesprochen wurde mit Severin in dieser Angelegenheit offenbar nicht. Weder ist bekannt, ob der Eigentümer Stadt mit seinen Leistungen zufrieden ist, oder ob es etwas zu bemängeln gab. Ebenfalls nicht, warum seine Dienste nicht mehr benötigt werden. Noch, ob es schon Vorstellungen über seinen Nachfolger gibt oder am Ende doch eine Vertragsverlängerung steht. Antworten auf entsprechende Fragen blieb die Stadt schuldig.

Als Severin 2012 sein Amt antrat, lag bei den Stadtwerken Saarbrücken einiges im Argen. Seit 2003 hat das Unternehmen Verluste geschrieben. Die Stadtwerke hatten sich zudem kurz zuvor im Südraum der Stadt eine 50 Millionen Euro teure Gasturbine genehmigt, die tief in die roten Zahlen gerutscht war. Das Blockheizkraftwerk (BHKW), das Strom und Fernwärme liefern sollte, kam als Erzeuger elektrischer Energie kaum zum Einsatz. Denn nicht nur grüner Strom aus Sonne oder Wind hatte Vorrang vor der Erzeugung von Watt und Volt aus teurem Gas, sondern auch die wesentlich billigere Energie aus Kohle. Allein in den Jahren 2012 und 2013 soll unter anderem wegen dieser defizitären Energieerzeugung eine Liquiditätslücke von jährlich zehn Millionen Euro bei den Stadtwerken aufgelaufen sein.

Die Rettung brachte die von Severin durchgedrückte Verpachtung der Anlage an den Automatikgetriebe-Hersteller ZF Ende 2013. Dieser wurde dadurch von der Öko-Umlage aus dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) befreit und der Gasstrom wurde plötzlich gebraucht. So schlecht kann das Geschäft nicht gewesen sein, denn die Kooperation wurde jüngst bis Ende 2025 verlängert. Allein für die Stadtwerke soll sich seitdem das Ergebnis pro Jahr um bis zu sechs Millionen Euro verbessert haben. 2014 wurden zudem vier kleinere Blockheizkraftwerke auf Biogas umgestellt. Dadurch konnten EEG-Subventionen kassiert werden, was die bisherigen Verlustbringer in die schwarzen Zahlen katapultierte.

Die Meinung von Leuten, die viel mit Severin zu tun haben, sind geteilt. Ein Gesprächspartner, der mit der saarländischen Energieszene bestens vertraut ist, hält ihn für „fachlich sehr kompetent“. Er sei ein harter, aber kompromissbereiter und verlässlicher Verhandlungspartner. „Wenn eine Einigung erzielt ist, setzt er sich dafür ein, dass auf dieser Basis eine konstruktive Lösungen gefunden wird“, sagt der Insider. „Ich würde seinen Weggang sehr bedauern.“ Ein anderer, der einen tieferen Einblick in den Konzern hat, meint hingegen, dass „er viel Krawall gemacht, aber kaum eigene Ideen entwickelt hat“. Das Betriebsklima habe sich während der Regentschaft Severins „spürbar verschlechtert“. Außerdem habe er sein Versprechen, seine Familie von Nürnberg nach Saarbrücken zu holen, nie eingelöst. „Von einem Stadtwerke-Chef erwarte ich Residenzpflicht“, so der Kritiker. Der Stadtwerke-Betriebsrat hüllt sich unterdessen in Schweigen.

Von Seiten des Eigentümers gibt es indirekt Lob für Severins Tun. „Alles in allem sind die Stadtwerke gut aufgestellt“, heißt es in der Antwort auf eine SZ-Anfrage. Der Konzern habe im vergangenen Jahr zum fünften Mal hintereinander schwarze Zahlen geschrieben und ein Konzernergebnis von mehr als fünf Millionen Euro erwirtschaftet. Auch das Jahr 2019 „ist erfreulich angelaufen“.

Allerdings müssen auch Risiken im Auge behalten werden, heißt es an anderer Stelle. So sollen Pensionsrückstellungen, die nicht von Kapitalerträgen gedeckt sind, in den kommenden Jahren zu Mittelabflüssen von jährlich zehn bis 15 Millionen Euro führen. Auch die Anschaffung neuer Saarbahn-Züge dürfte den Konzern mit sechs bis acht Millionen Euro pro Jahr belasten. Bestätigt wird die Pensionslast in dieser Höhe nicht. Diese Verpflichtungen „werden jährlich extern bewertet und finden Eingang in die Jahresabschlüsse sowie in die Planung der Liquidität“, heißt es dazu offiziell.

Doch vielleicht hat das Ganze auch weniger mit der Person Severins, sondern mehr mit Politik zu tun. Nach der Kommunal- und der Oberbürgermeister-Stichwahl an Pfingsten „könnte es im Saarbrücker Rathaus zu einem Stühlerücken kommen“, unken informierte Bobachter. „Vielleicht benötigt man dann für einen verdienten Menschen einen entsprechend dotierten Posten.“

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