Leserbrief Gerhard Sauder widerspricht

Unser Bericht über Dirk Walters Anthologie „St. Ingbert: Literatur einer Stadt“ vom 16. August:

Dirk Walters Anthologie „St. Ingbert: Literatur einer Stadt“ wird in der SZ vom 16. August so lieb präsentiert, wie sich das Buch in vielen Exemplaren auf einem zu Werbezwecken für die Buchhandlung Friedrich gefertigten Kinderdersofa ausnimmt. Es ist gewiss verdienstvoll, Texte von vielen Autoren, die seit Woll, Uhl und Stief bis hin zu Sibylle Knauss und Martin Bettinger hier geschrieben haben, nach Sachgebieten auszuwählen und mit biographischen Erläuterungen zu versehen. So entsteht ein farbiges Bild in Sprache, aus dem oft das alte St. Ingbert hervorschimmert. Der Herausgeber spricht raunend von einem „Literaturbiotop St.Ingbert“ als einem eher „zufällige(n) Resultat glücklicher Fügung“.Das ist entschieden zu kurz gegriffen. Die St. Ingberter haben seit Jahrhrzehnten etwas dafür getan, dass in ihrer kleinen Stadt das
Pflänzchen Literatur gedeiht. Der begabte Erzähler Klaus Stief war
schon vor 1945 der Bibliothekar der Stadtbücherei. Er hat, wie viele
Ältere berichten, junge und alte Leser kenntnisreich bei ihrer Lektüre
beraten: eine Institution! Seit 1958 hat die „Kleine Bühne“ mit Albrecht und Ursula Ochs, Gerd Schlaudecker, Horst Lang und vielen Jüngeren Dramen bis zu den modernsten Autoren aufgeführt. Das Ehepaar Ochs bietet seit vielen Jahren an Sonntagnachmittagen dort auch klug ausgewählte und kommentierte Werke der Weltliteratur an -  selbst vor so schwierigen Großgedichten wie Ovids „Metamorphosen“ oder Dantes ‚‘Divina Comedia`` schrecken sie nicht zurück. Meist kommen bis zusechzig Zuhörer! Und seit 1981 lädt das „St. Ingberter Literaturforum“zu zahlreichen Lesungen von überregional bekannten und Autoren der Region ein. Am Anfang konnte man sich noch Martin Walser leisten! Mit viel beachteten Literaturfesten zu Schiller, Ludwig Harig und Wilhelm Busch wurden Akzente gesetzt. Gründer dieses Literatuforums war Fred Oberhauser, der auch eine Fülle essayistischer Texte geschrieben und vor allem das Standardwerk „Literarischer Führer Deutschland“ (2008) erarbeitet hat. All dies und nicht zuletzt die St. Ingberter Verlage hätte der Herausgeber in seinem Nachwort erwähnen können, statt den Zufall für die vielfältigen Aktivitäten der Förderung von Literatur zu bemühen. Es ist geradezu grotesk und für uns alle beleidigend, in einem Werk über die Literatur in St. Ingbert Fred Oberhauser, der am 17. Februar 2016 von uns gegangen ist, zu verschweigen. Alle anderen sind noch am Leben und können sich zur Wehr setzen.

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