Buchvorstellung Kuriosiäten im neuen Saarpfalz-Heft

Homburg · Unsere Region wurde aufgrund ihrer Grenzlage von Kriegen heimgesucht. Das neue Heimatheft beschreibt die Umstände vom Barock bis heute.

 Niedergailbach gehörte zu den Ortschaften an der Grenze zu Frankreich, die mit Beginn des Zweiten Weltkrieges am 1. September 1939 zwangsgeräumt wurde. Bei dieser Evakuierung der „Roten Zone“ musste Hab und Gut zurückgelassen werden, das Vieh blieb bald sich selbst überlassen.

Niedergailbach gehörte zu den Ortschaften an der Grenze zu Frankreich, die mit Beginn des Zweiten Weltkrieges am 1. September 1939 zwangsgeräumt wurde. Bei dieser Evakuierung der „Roten Zone“ musste Hab und Gut zurückgelassen werden, das Vieh blieb bald sich selbst überlassen.

Foto: Martin Baus

Kuriose Bücher aus der Bibliothek von Schloss Karlsberg, ein vom französischen Militär angelegter „Aeroplane‟-Flughafen in Altstadt, die Evakuierung von Niedergailbach zu Beginn des Zweiten Weltkriegs 1939 und die zehn Stolpersteine für die Familien Weis und Löb in der Zweibrücker Wallstraße – das sind die Themen der neuen „Saarpfalz‟. Die aktuelle Ausgabe der „Blätter für Geschichte und Volkskunde‟ wurde nunmehr in ihrer 143. Folge vom Fachbereich für Kultur und Heimatpflege des Homburger Landratsamtes vorgelegt.

Dass der Zweibrücker Herzog Karl II. August ein leidenschaftlicher Sammler war, sorgte schon bei seinen Zeitgenossen für hinlänglich Gesprächsstoff. Eine besondere Stellung unter seinen mannigfaltigen Kollektionen nahm die „Hofbibliothek‟ ein, die der Landesherr auf seinem Schloss Karlsberg in Sanddorf unterhielt. Sie entging den Zerstörungen der Französischen Revolution und gelangte auf verschlungenen Pfaden nach Bamberg, wo sie bis heute gehegt und gepflegt wird. Werner Taegert, bis 2016 als Leiter der Staatsbibliothek Bamberg verantwortlich dafür, beschreibt in der neuen Nummer der „Saarpfalz‟ detailliert den einst herzoglichen Hort bibliophiler Schätze, der in Bamberg als „geschlossenes Ensemble‟ aufbewahrt wird.

Der Autor skizziert beispielsweise, wie 1782 die „en bloc angekaufte, mehrere tausend Bände umfassende Sammlung des Dr. med. Johann Theophil Hoeffel (1704-1781), seines Zeichens hochverdienter Zweibrücker Stadt- und Oberamtsphysicus‟ auf den Karlsberg gelangte. Und just dieser Mediziner hatte ein besonderes Faible für sonderbare Literatur. „Curieuser Beweis, daß die Weiber nicht zum menschlichen Geschlechte gehören‟, erschienen 1752, „Klagrede eines Kammermägdchens über die Grundbieren‟ (1772), „Die Martinsgans historisch und physicalisch betrachtet‟ (1756) oder „Vernünftige und christliche Gedancken uber die Vampirs oder bluthsaugenden Todten‟ (1733) lauten etwa Titel aus diesem Genre. Fazit von Werner Taegert: Anliegen des Herzogs sei nicht die ausgiebige Lektüre seiner Bücher gewesen. „Primär“ sei es ihm darum gegangen, die Bibliotheksräume auf Schloss Karlsberg binnen kurzer Zeit repräsentativ zu füllen.

Was sich im Homburger Raum zwischen dem Ende des Ersten Weltkrieges im November 1918 und der Gründung des Saargebietes im Frühjahr 1920 ereignete, das ist das Thema der Lokalhistoriker Theo Langner und Markus Emser. Zusammen mit der Homburger Stadtarchivarin Karina Kloos beleuchten sie die Region in den Zeiten des rigorosen Umbruchs. So rückten am 1. Dezember 1918 die ersten französischen Truppen ein – mit Panzerfahrzeugen bezogen sie auf dem Marktplatz Aufstellung. Ein Höhepunkt in dieser Phase vor genau einem Jahrhundert war der Besuch von Marschall Philippe Pétain am 30. Dezember: Der spätere Staatschef des mit den Nazis kollaborierenden Frankreichs nahm mit Generälen eine Parade des „16. Jägerbataillons‟ im Homburger Zentrum ab. Französisches Militär blieb mehr als ein Jahr präsent – am 27. September 1919 wurde gar gemeldet, dass der Flugplatz für „Aeroplane‟, der auf Altstadter Gemarkung an der Kaiserstraße (etwa in Höhe der 1925 gebauten Wohnhäuser des Zollbahnhofs) angelegt worden war, „betriebsfertig‟ sei.

Dass im Frühsommer 2017 die damals 97-jährige Kay Kadden aus New York Kontakt mit dem Zweibrücker Stadtarchiv aufgenommen hatte und um ein Bild der am 10. November 1938 durch die Nazis gebrandschatzten Synagoge bat, war der Auftakt zu genealogischen Recherchen. Kay Kadden war am 28. November 1919 als Grete Karoline Löb in Zweibrücken geboren und 1937 vor den Nazis in die USA geflohen. Über die Schicksale der Familie berichtet nun Charlotte Glück, die Leiterin des Stadtarchivs Zweibrücken. Zur Verlegung der „Stolpersteine‟ durch den Künstler Gunter Demnig waren im vergangenen August zwölf Angehörige der Familien Löb und Weis angereist.

 Die Ruine der „Orangerie“ erinnert als eines der letzten Zeugnisse an Schloss Karlsberg, das einst reichhaltige Sammlungen beherbergte. Die „Hofbibliothek“ überstand die Französische Revolution und befindet sich heute als „geschlossenes Ensemble“ in Bamberg.

Die Ruine der „Orangerie“ erinnert als eines der letzten Zeugnisse an Schloss Karlsberg, das einst reichhaltige Sammlungen beherbergte. Die „Hofbibliothek“ überstand die Französische Revolution und befindet sich heute als „geschlossenes Ensemble“ in Bamberg.

Foto: Martin Baus
 Völlig in Vergessenheit geraten ist heute der Flugplatz, der von französischem Militär 1919 in Altstadt angelegt worden war. Er befand sich an der Kaiserstraße in der Nähe der heutigen Zollbahnhof-Wohnhäuser – hier mit Blick auf den Homburger Schlossberg.

Völlig in Vergessenheit geraten ist heute der Flugplatz, der von französischem Militär 1919 in Altstadt angelegt worden war. Er befand sich an der Kaiserstraße in der Nähe der heutigen Zollbahnhof-Wohnhäuser – hier mit Blick auf den Homburger Schlossberg.

Foto: Martin Baus

Wie die Evakuierung von Niedergailbach ablief, als am 1. September 1939 mit dem Überfall auf Polen der Zweite Weltkrieg begann, beschreibt Ottmar Gros. 462 Menschen lebten demnach seinerzeit in dem Dorf an der Grenze zu Frankreich, und quasi Hals über Kopf wurde der Ort zwangsgeräumt. Die Haushalte mussten mit ihrer kompletten Einrichtung zurückgelassen werden, mitgenommen werden durfte nur „das Nötigste‟. Auch das Vieh blieb zurück. Wie Gros schreibt, organisierte zunächst Franz Sand mit einigen „Daheimgebliebenen‟ dessen Versorgung, später wurden die Stalltüren geöffnet und das Vieh blieb sich selbst überlassen. Erst später, im Herbst 1940, begann die „Heimkehr‟ nach Niedergailbach.

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