Politik für Europa: Viel Bürokratie, aber auch gute Resultate

Völklingen. Während viele Bürger überhaupt nicht so richtig wissen, was das Europaparlament für sie tut, sieht sich Markthändler Martin Presser mit dessen Erlassen und Richtlinien konfrontiert. Etwas Positives kann er den Vorgaben allerdings nicht abgewinnen

Völklingen. Während viele Bürger überhaupt nicht so richtig wissen, was das Europaparlament für sie tut, sieht sich Markthändler Martin Presser mit dessen Erlassen und Richtlinien konfrontiert. Etwas Positives kann er den Vorgaben allerdings nicht abgewinnen. "Als Züchter von frei laufenden Hühnern muss ich vieles beachten: Hygienevorschriften, Sicherheitsbestimmungen, Gesundheitsvorschriften, Auflagen über Auflagen, für mich bedeutet das Bürokratie hoch drei", wettert er wenige Tage vor der Europawahl. Manchmal, so berichtet er, habe er vor lauter Lehrgängen keine Zeit mehr im Betrieb oder auf Märkten zu stehen. Seine beiden Töchter wollten den Metzgereibetrieb, den Presser in der dritten Generation führt, nicht übernehmen. Christdemokratin Doris Pack versucht derweil wenige Meter weiter auf dem Völklinger Wochenmarkt, letzte Wähler zu mobilisieren, schließlich will sie weiter dem Europa-Parlament angehören: "Die Leute haben uns vieles zu verdanken, zum Beispiel niedrige Telefongebühren, die Möglichkeit den Stromanbieter frei zu wählen, die zweijährige Garantie." Doris Becker-Hirtz ist von der Politik enttäuscht: "Den Banken wird geholfen, den Kleinen Leuten nicht." Auch Konjunkturmaßnahmen wie die so genannte Abwrackprämie käme bei Otto Normalverbraucher nicht an, weil sich die wenigsten einen Neu- oder Jahreswagen anschaffen könnten. "Und die Zeche zahlt der Steuerzahler", sagt sie. "Vom Europaparlament höre ich gelegentlich was im Fernsehen", sagt Blumenhändlerin Rosi Luxemburger. Trotzdem will sie am Sonntag wählen: "Sonst kommen die Parteien ins Parlament, die ich nicht will." Von der Politik allgemein wünscht sie sich, dass sie etwas gegen die zunehmende Verarmung tut: "Ich bin seit 38 Jahren auf dem Völklinger Markt. Die Leute kaufen jetzt statt Blumen mehr Nutzpflanzen für den Selbstanbau im Garten." An einem Wahl-Informationsstand diskutieren einige ältere Völklinger. "Europa hat uns zum Beispiel die Reisefreiheit und eine kriegslose Zeit gebracht", meint Peter Tölke. Ansonsten unterstütze das Europaparlament, wie alle anderen politischen Gremien auch das Kapital: "Und den kleinen Mann lassen sie im Regen stehen." So regt ihn die aktuelle Steuerpolitik auf: "Wegen 16 Euro mehr in der Gehaltsabrechnung rutsche ich in die nächste Lohnsteuerstufe." Das Ergebnis: Unter dem Strich so rechnet er vor, blieben 49 Euro Minus. "Kein Krieg - das ist doch das höchst Gut überhaupt", sagt Georg Jungfleisch. Peter Fischer wirft ein: "Man unterschätzt die Wichtigkeit der EU-Richtlinien, nicht alles was aus Brüssel kommt ist negativ." Jungfleisch zählt auf: "Vor Jahren hat eine EU-Richtlinie dafür gesorgt, dass in Europa alle Eisenbahngleise die selbe Breite haben." Dies sei eine wichtige Änderung gewesen, die heute das Reisen erleichtert. Wenn er allerdings Erlasse wie zum Thema "Bananenkrümmung" aufzählt, muss er herzlich lachen.

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