Kasse erklärt Frau für tot Mitten im Leben für tot erklärt

Ottweiler · Weil ihre Krankenkasse einen Fehler machte, galt eine quicklebendige Dame plötzlich als verstorben. Und das hatte Konsequenzen.

 Nach wie vor ist Karina Bootz aus Niederlinxweiler quicklebendig und erfreut sich bester Gesundheit.

Nach wie vor ist Karina Bootz aus Niederlinxweiler quicklebendig und erfreut sich bester Gesundheit.

Foto: Marc Prams

Wenn Karina Bootz die Haustür öffnet, begrüßen ihre drei kleinen Hunde die Besucher mit ordentlich Gebell und Gewedel, während ihr Frauchen mit einem freundlichen Lächeln erst mal zu einer Tasse Kaffee in die gute Stube bittet. Man merkt schnell: Hier ist Leben in der Bude. Das wiederum ist sehr ungewöhnlich für jemanden, der unlängst für tot erklärt wurde.

Wenn Karina Bootz heute erzählt, was ihr Ende letzten Jahres passiert ist, tut sie das mit einem Schmunzeln. Als ihr im Dezember allerdings bei einem Telefonat mit ihrer Hausbank mitgeteilt wurde „Sie sind tot“, blieb ihr das Lachen im Halse stecken. „Im ersten Moment war ich natürlich geschockt, obwohl ich nicht mal ahnen konnte, was für ein Rattenschwanz an Problemen das mit sich bringen würde“, sagt sie

Aber der Reihe nach: Im Oktober 2017 wechselte die 60-Jährige, die bei der Stadt Ottweiler beschäftigt ist, die Krankenkasse. Von der Barmer zur Ikk. Soweit so gut. Als sie dann aber Anfang Dezember online eine Überweisung tätigen wollte, hatte sie keinen Zugriff mehr auf ihr Konto. „Ich habe daraufhin bei der Bank angerufen, wo mir mitgeteilt wurde, man sei dort davon ausgegangen, dass ich verstorben bin“, erzählt Karina Bootz. Also musste sie samt Personalausweis bei der Bank vorstellig werden, um dieser zu versichern, dass sie noch immer unter den Lebenden weilt. Dort erfuhr Karina Bootz dann auch, weshalb man bei der Bank von ihrem Ableben ausgegangen war. „Ich beziehe über die Zusatzversorgungskasse (ZVK) eine kleine Zusatzrente meines verstorbenen Mannes. Und die Kasse wollte für zwei Monate geleistete Zahlungen von meiner Bank zurück, weil die ZVK von der Barmer darüber in Kenntnis gesetzt worden war, dass ich gestorben sei“, sagt eine quicklebendige Karina Bootz, der allmählich dämmerte, wem sie ihr vermeintliches Ableben zu verdanken hatte: ihrer ehemaligen Krankenkasse, der Barmer.

Denn dort war beim Wechsel zur IKK offensichtlich etwas ganz gehörig schief gegangen. Das hat man mittlerweile auch bei der Barmer festgestellt, wie deren Landespressesprecher, Boris Wolff, auf Anfrage der Saarbrücker Zeitung mitteilt: „Uns ist ein äußert bedauerlicher und für uns unerklärlicher Fehler unterlaufen, als fälschlicherweise der Tod von Karina Bootz in unseren Datenbanken erfasst wurde. Wir haben diesen Fehler umgehend korrigiert, nachdem er uns bekannt wurde.“

Der „äußerst bedauerliche“ Fehler führte dann auch noch zu jeder Menge Unannehmlichkeiten für Karina Bootz. Nicht nur, dass ihr Lebensgefährte ein Kondolenzschreiben von der Hausbank erhielt (“Ich habe gesagt: Werf es  sofort weg.“), auch finanziell machte sich der angenommene Tod bemerkbar. Denn Karina Bootz, die zum Zeitpunkt des Kassenwechsels bereits seit Längerem krank geschrieben war, erhielt plötzlich kein Krankengeld mehr. Und da hörte der Spaß endgültig auf. „Ich war auf finanzielle Unterstützung von Außen angewiesen“, sagt die dreifache Mutter, die mit ihrem Lebensgefährten in Niederlinxweiler lebt. Weil die Barmer nämlich keine Daten an die IKK übermittelte, konnte diese kein Krankengeld auszahlen. „Denen waren die Hände gebunden, also habe ich mich wieder an die Barmer gewandt.“  Es sollte noch mehr als drei Wochen dauern, bis Karina Bootz ihr Geld bekam. Von der Barmer heißt  es dazu: „Die Anfrage der IKK zur Übermittlung von Daten zu Vorerkrankungen und Versicherungszeiten von Karina Bootz haben wir am 21. Dezember 2017 erhalten und am 18. Januar 2018 beantwortet. Eine vierwöchige Bearbeitungszeit entspricht nicht dem Anspruch, den die Barmer an sich hat und ist nicht der Normalfall.“

Auch für Karina Bootz waren diese Wochen alles andere als der Normalfall. „Man fühlt sich wie ein Mensch dritter Klasse und stellt sich die Frage, wie so etwas passieren kann. All dies wurde ausgelöst, ohne dass jemals jemand einen Totenschein gesehen hat.“ Umso größer war ihre Enttäuschung über das Verhalten ihrer ehemaligen Krankenkasse, von der eine Entschuldigung lange auf sich warten ließ. „Die Mitarbeiterin von der Hotline hat sich bei meinem ersten Telefonat entschuldigt. Das war alles.“

Immerhin hat sich ein Mitarbeiter der Barmer nach der SZ-Anfrage  in dieser Woche dann doch noch bei Karina Bootz gemeldet und sich persönlich mit einem Blumenstrauß für den Vorfall entschuldigt. Für sie, die sich bester Gesundheit erfreut und wieder arbeiten kann, ist die Sache damit vom Tisch. „Und wie heißt es doch: Totgesagte leben länger“, meint Karina Bootz und muss herzlich lachen.

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