Wenn Eltern süchtig sind Chance für Kinder auf ein glückliches Leben

Neunkirchen · Von zwei Neunkircher Therapeutinnen: Neues Buch zeigt erprobte Methoden, wie man Kindern aus suchtbelasteten Familien helfen kann.

 Corinna Oswald und Janina Meeß, die für den Caritasverband Kinder und Jugendliche aus suchtbelasteten Familien betreuen, haben ein Methodenhandbuch erarbeitet. In diesem sind auch praktische Übungen wie das Brettspiel enthalten.

Corinna Oswald und Janina Meeß, die für den Caritasverband Kinder und Jugendliche aus suchtbelasteten Familien betreuen, haben ein Methodenhandbuch erarbeitet. In diesem sind auch praktische Übungen wie das Brettspiel enthalten.

Foto: Heike Jungmann

Ein druckfrisches Sachbuch, das zwei Neunkircher Therapeutinnen in Diensten des Caritasverbandes Schaumberg-Blies in „sehr, sehr vielen Abendstunden“ geschrieben haben, müsste eigentlich zum Bestseller in der deutschen Jugendhilfe werden. Corinna Oswald und Janina Meeß haben in dem „Methodenhandbuch für Kinder und Jugendliche aus suchtbelasteten Familien“ ihre langjährigen Erfahrungen aus dem präventiven Angebot „Wiesel“ der Neunkircher Beratungsstelle Die Brigg dargelegt.

Sucht ist eine Krankheit, die neben dem Betroffenen auch dessen Angehörige und vor allem die Kinder massiv und oft mit lebenslangen Auswirkungen belastet. Seit über zwölf Jahren bietet „Wiesel“ den Kindern und Jugendlichen einen geschützten Rahmen, um sich in vielfältiger Weise mit den Erlebnissen im Elternhaus und ihren eigenen Gefühlen auseinanderzusetzen. In dieser Zeit haben Diplom-Psychologin Corinna Oswald und Diplom-Sozialarbeiterin Janina Meeß viele Methoden gesammelt und angewandt, teilweise abgewandelt, einiges sogar neu entwickelt. Diese werden in dem Buch praxisnah dargestellt. „Damit neue Projekte nicht bei null anfangen müssen“, sagt Janina Meeß. Die Kinder wollten Abwechslung, nicht jede Woche dieselbe Herausforderung. Kreativ sein helfe auch bei der Bewältigung der Selbstzweifel und Ängste.

Auch die Arbeitsweise von „Wiesel“ wird in dem Buch erklärt. So vermitteln feste Rituale wie ein gemeinsamer Imbiss zu Beginn der Gruppensitzung den Kindern und Jugendlichen das Gefühl von Sicherheit, Kontrolle und Kontinuität. Ergänzt wird die Arbeit in der Gruppe durch regelmäßige Freizeitaktivitäten wie beispielsweise Klettern, Zelten, Kochen und Bogenschießen.

„Bei uns lernen die Kinder, was es mit der Erkrankung ihrer Eltern auf sich hat,“ berichtet Corinna Oswald. Oft quälen sich die Kinder mit Schuldgefühlen, glauben sogar, ihre Eltern retten zu müssen. Eine Verantwortung, die eine riesige Last für die Kinder bedeutet und sich häufig in auffälligen Reaktionen und Gefühlsausbrüchen äußert. In dem Angebot werde Prävention in doppeltem Sinne geleistet, ist Caritasdirektor Michael Schütz überzeugt. „Die Kinder lernen, besser mit ihren Problemen umzugehen und sich als Erwachsene im besten Fall nicht in Tabletten oder Alkohol zu flüchten.“ Um dies zu erreichen, müssen die Kinder stark gemacht werden. Und sie müssen lernen, zu anderen Menschen eine Beziehung einzugehen. Denn allzu oft werden sie in ihrem Alltag enttäuscht, weil Menschen kommen und gehen (etwa wenn die Mutter einen Entzug macht) und es schwer fällt, zu jemanden Vertrauen zu fassen.

Das Neunkircher Angebot „Wiesel“ wird durch verschiedene Finanzierungspartner ermöglicht. Von 120 000 Euro Kosten im Jahr übernehmen der Landkreis Neunkirchen 40 Prozent, der Landkreis St. Wendel 20 Prozent, ebenso viel das Land. Die Caritas als Träger ist mit 29 000 Euro pro Jahr im Boot. Im Rahmen der laufenden Aktionswoche für Kinder aus Suchtfamilien hat nun der saarländische Drogenbeauftragte Stephan Kolling die beispielhafte Arbeit des Neunkircher Wiesel-Teams gewürdigt und angekündigt, das Projekt saarlandweit auszubauen. Er setze sich persönlich dafür ein, dass das Projekt Wiesel den Kindern aus Suchtfamilien flächendeckend im ganzen Saarland zugänglich gemacht werde. Wiesel habe allein in den Landkreisen St. Wendel und Neunkirchen im Jahr 2017 insgesamt 28 Kinder betreut und solle nun auf alle Landkreise und den Regionalverband ausgeweitet werden. Das Gesundheitsministerium stellt nach Kollings Angaben für das Jahr 2019 rund 105 000 Euro aus eigenen Mitteln für Projekte in der Suchthilfe bereit.

Eine positive Nachricht und Bestätigung für die Arbeit von Janina Meeß und Corinna Oswald. Diese kam gerade zur rechten Zeit zur Veröffentlichung des Methodenhandbuchs „Kinder und Jugendliche aus suchtbelasteten Familien“, das im Lambertus-Verlag erschienen ist und für 25 Euro im Buchhandel bestellt werden kann.

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