Neue Förderrichtlinien Die Quoten für die Dörfer steigen

Neunkirchen · Umweltminister Reinhold Jost skizzierte bei seinem Redaktionsbesuch die Landeshilfen für Mitmacher beim Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft“. 273 Dörfer könnten sich anmelden. Sie erfüllen das Kriterium unter 3000 Einwohner. Aus dem Landkreis Neunkirchen sind es 15.

 Für Umweltminister Jost ist der Dorfwettbewerb ein zentrales strukturpolitisches Instrument.

Für Umweltminister Jost ist der Dorfwettbewerb ein zentrales strukturpolitisches Instrument.

Foto: Volker Fuchs

Die Redaktionsgäste aus dem saarländischen Umweltministerium haben Zahlen mitgebracht. Die Zahlen illustrieren das Szenario für das Thema der Gesprächsrunde: der Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft“ (siehe „Info“). Ein zentrales strukturpolitisches Instrument für die Politik, Chance für das einzelne Dorf, sagen Minister Reinhold Jost und Michael Burr aus dem Fachreferat.

Fast jeder zweite Saarländer lebt im Dorf. 460 000 Menschen, so weist es eine Grafik aus dem Haus Jost aus, bevölkert die „grüne Kulisse“, den ländlichen Raum. Er definiert sich an Einwohnerzahl und Einwohnerdichte. In dieser „grünen Kulisse“ verorten sich 303 Dörfer. Und davon erfüllen 273 die aktuelle Auflage des Wettbewerbs – weniger als 3000 Einwohner. 15 davon liegen im Landkreis Neunkirchen: die Eppelborner Ortsteile Macherbach, Hierscheid, Habach, Humes, Bubach-Calmesweiler und Dirmingen, die Illinger Ortsteile Welschbach, Hirzweiler und Wustweiler, die Neunkircher Stadteile Münchwies und Hangard, die Ottweiler Stadtteile Mainzweiler, Lautenbach, Steinbach und Fürth.

 Umweltminister Reinhold Jost (SPD, links) hat als Gast in der Neunkircher Lokalredaktion lecker Hörnchen mitgebracht. An seiner Seite Pressefrau Sabine Schorr und Michael Burr aus dem Fachreferat. Thema im Gespräch mit SZ-Redakteurin Claudia Emmerich (rechts) war der Dorfwettbewerb.

Umweltminister Reinhold Jost (SPD, links) hat als Gast in der Neunkircher Lokalredaktion lecker Hörnchen mitgebracht. An seiner Seite Pressefrau Sabine Schorr und Michael Burr aus dem Fachreferat. Thema im Gespräch mit SZ-Redakteurin Claudia Emmerich (rechts) war der Dorfwettbewerb.

Foto: Volker Fuchs

Nur: Im letzten Durchgang haben lediglich noch 36 Dörfer landesweit mitgemacht. Rückläufige Zahlen melden alle Bundesländer. Weder im Landkreis Neunkirchen noch im Regionalverband Saarbrücken hatte mangels Teilnehmern ein Kreisentscheid überhaupt stattfinden können. Zum Bedauern auch des Illinger Bürgermeisters Armin König, der jüngst in der SZ Position bezog. König sprach von einer „Riesenchance“ durch den Wettbewerb, weil in Zeiten des demografischen Wandels die Frage Zukunft der Dörfer eine „Schlüsselfrage“ sei. Er forderte Unterstützung auf allen Ebenen.

Das Land mache bereits viel und wolle noch mehr tun, versichern unsere Redaktionsgäste. „Nicht belehrend auftreten, sondern, wenn ihr mitmachen wollt, dann helfen wir euch“, sagt Jost. Burr spricht von „Hilfe zur Selbsthilfe“, es brauche „Mitmacher vor Ort, die vorangehen“. Nicht ein sofortiger Gewinn, betonen die Redaktionsgäste, sondern ein nachhaltiger Aufbruch sei das Entscheidende.

Viele Veränderungsprozesse seien in den letzten Jahren zu beobachten, sagt Jost, „die nicht spurlos an so einem Wettbewerb vorbeigehen“. Jost nennt den allgemeinen gesellschaftlichen Wertewandel, demografische Faktoren, veränderte Freizeit-, Vereins- und Ehrenamtstrukturen. Der Wettbewerb versuche sich anzupassen. Früher war viel Folklore, „heute ist der Wettbewerb in erster Linie darauf abgestellt, Initiativen vor Ort zu aktivieren und zu stabilisieren, die die Herausforderungen ländlicher Raum an ihrem Ort offensiv annehmen wollen“.

Nun gibt es Dörfer, wo Infrastruktur bröckelt, das Dorfleben erlischt, auch engagierten Mitmacher fehlen. Wie realistisch ist es, das eine oder andere Dorf zu verlieren? Der Minister antwortet ausweichend grundsätzlich. Es hätten sich „elementare Entwicklungen“ vollzogen, zum Beispiel Schließung der Grundschulen: „Da gab es Orte, die haben die Herausforderungen offensiv, mutig und kämpferisch angenommen, und es gab  andere, die haben ein Stück weit resigniert.“ Er sei jedoch überzeugt, „es sind weitaus mehr, die die Herausforderungen annehmen, als die, die davor resignieren. Und auch um die kümmern wir uns.“ Niemand habe eine Patentlösung: „Aber wir haben la Mass die Meng Vorschläge.“

In Zusammenhang mit dem Dorfwettbewerb spricht Jost auch „Hemmnisse“ an:  Motivierte befürchten zu wenig Erfahrung, spüren Angst vor dem Scheitern oder einer Blamage, vermissen Unterstützung aus der Gemeinde, weil vielleicht Parteibücher nicht passen, bedenken die Auslagen „Bleib ich auf den Kosten sitzen?“, scheuen den Arbeitsaufwand neben Familie und Beruf.  Jost: „Wir können helfen.“ Beraten und begleiten, finanziell fördern, moderieren.

Konkret sind seit Oktober zwei neue Förderquoten abgreifbar. „Wir haben die Förderprogramme für die nachhaltige Dorfentwicklung fortgeschrieben“, erklärt Burr. So heißt es unter 6.1.2:  „Der Fördersatz kann um jeweils zehn Prozentpunkte erhöht werden für Vorhaben, die aus der Teilnahme des Dorfes an einem der letzten beiden Dorfwettbewerbe resultieren.“ Damit reduziere sich der kommunale Eigenanteil. Gemeinden, gerade finanzschwache, kämen wieder in die Lage, wichtige Entwicklungsprojekte für ihre Dörfer umzusetzen. Zehn Prozentpunkte mehr warten jetzt auch für Vorhaben, die auf ortsteilübergreifenden Strategien beruhen.

Für den nächsten Durchgang „Unser Dorf hat Zukunft“ gibt der Minister das Ziel aus: Wieder mehr als 50 Teilnehmerdörfer auf Kreisebene. Damit zwei Landessieger küren und ins Bundesrennen schicken.

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