Neujahrskonzert Ralph Philipp Zieglers Erzählungen

Neunkirchen · Das nigelnagelneue Capitol Symphonie Orchester brachte beste Unterhaltung in die Gebläsehalle. Das Programm war wie maßgeschneidert.

 Das Capitol Symphonie Orchester unter Dirigent Niklas Benjamin Hoffmann war zu Gast in der Neunkircher Gebläsehalle.

Das Capitol Symphonie Orchester unter Dirigent Niklas Benjamin Hoffmann war zu Gast in der Neunkircher Gebläsehalle.

Foto: Jörg Jacobi

Wer da am Sonntag mit Verklingen des letzten Tones von „An der schönen blauen Donau“ und damit des offiziellen Programmteils die Gebläsehalle verließ, der hatte echt was verpasst. Denn das Capitol Symphonie Orchester hatte so einiges an Zugabe-Überraschungen im Gepäck. Nur zu gerne nahmen die Besucher in der leider nicht ganz ausverkauften Halle die Aufforderung von Ralph Philipp Ziegler an. Der ist bereits aus den Vorjahren in Neunkirchen bekannt als Moderator des Neujahrskonzertes und längst mehr als beliebt. Gemeinsames Singen war angesagt. Der Text dazu stand im (kostenlosen) Programmheft: „Auld Lang Syne“ von Robert Burns in der deutschen Fassung „Auf die vergang’ne Zeit, mein Freund“ – dieses Gänsehaut-Lied, das in Amerika zum Jahreswechsel gesungen wird. Den Kloß im Hals lockerte das anschließende Klatschen beim obligatorischen „Radetzky-Marsch“ oder das Mitschnipsen beim dann endgültig letzten Stück des Abends, Variationen im Glenn-Miller-Stil, die den quirligen Dirigenten Niklas Benjamin Hoffmann zu den schönsten Dirigenten-Einlagen trieb.

Glenn Miller im Neujahrskonzert? Aber ja. Das Programm, welches das Capitol Symphonie Orchester mitgebracht hatte, war wunderbar frisch und ungewöhnlich. Krachneu ist das Orchester noch. Zumindest unter diesem Namen. Viele der Musiker waren bereits in den Vorjahren auf der Bühne der Neunkircher Gebläsehalle. Nun hat sich, wie der promovierte Musikwissenschaftler Ziegler erläuterte, das Orchester sozusagen aufgeteilt. Gemeinsam mit seiner Frau hat Ziegler das Capitol Symphonie Orchester gegründet. Das gibt es seit 1. Januar diesen Jahres offiziell.

In Neunkirchen hatte es nach der Premiere in der Heimatstadt Offenbach am Main seinen zweiten Auftritt. Als nächstes folgt Oman. „Frohes Neues, Jacques Offenbach!“ war das Programm übertitelt. Den ersten Teil hatte man dann auch ganz dem Komponisten gewidmet und seinem Leitspruch „Ihr sollt nie aufhören zu leben – jedenfalls nicht, bevor ihr gestorben seid!“. Gewohnt launig die Moderation Zieglers, frisch und beschwingt das Dirigat des jungen Hoffmann, der bereits Assistent-Dirigent des London Symphony Orchestra war. Und wie das üblich ist, hatten Ziegler und sein Orchester natürlich auch Sänger mitgebracht: Die Sopranistin Fanie Antonelou und – sie war kurzfristig für die erkankte Judith Berning eingesprungen – die Mezzosopranistin Stefanie Schäfer. Sie interpretierten nicht nur Offenbachs schönste Arien auf wunderbare Art und Weise. Vor allem im zweiten Teil zeigten sie, was Opernsängerinnen so alles können.

Der war nämlich – gemäß dem Motto des Orchesters – dann modern und ungewöhnlich ausgerichtet – und Ralph Philipp Ziegler zufolge stark an Neunkirchen orientiert. Fulminant ging’s los mit „Raiders March“ aus dem Film „Indiana Jones“. Denn beim ersten Konzert in Neunkirchen habe man einen Filmtitel gespielt, schon damals eher ungewöhnlich im Neujahrskonzert, und dem Stadtoberhaupt versprechen müssen, bei jedem weiteren Konzert einen weiteren Filmsong mitzubringen. Doch nicht nur der Filmstadt, auch der Musicalstadt Neunkirchen zollte man Tribut. „Wir trauen uns was“, sagte Ziegler dazu. Und Gott sei Dank. Denn Stefanie Schäfers Interpretation von „I dreamed a dream“ aus dem Musical „Les Misérables“ war alleine schon das Kommen wert. Mit dem Strauss-Lied „Ich lade gern mir Gäste ein“ aus der „Fledermaus“ zeigte sie dann noch einmal eine ganz andere Facette. Auch die Sopranistin Antonelou bewies ihre Vielfältigkeit mit dem Operettenlied „Mein Herr Marquis“ im Kontrast zum verswingten „Let me entertain you“ von Robbie Williams.

Nach über zweieinhalb Stunden wunderbarster Neujahrskonzert-Unterhaltung waren stehende Ovationen vor, während und nach den Zugaben Ehrensache. Vergessen jedenfalls wird dieses Konzert wohl so schnell keiner – auch, wenn er bereits vor dem Mitsingen den Saal verlassen hat.

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