Experten fordern mehr Beschäftigung mit Traumata und Trauer

Neunkirchen · Der „Umgang mit traumatisierten Kindern, deren Eltern und Familien“, so lautete das Thema einer Fachkonferenz in Neunkirchen der Kinder-Hospizdienst. Der Appell der Fachleute: vor allem Mediziner müssen sensibilisiert werden.

 “Den Menschen Raum geben, Traumata zu verarbeiten“: Referent Thore Volquardsen Foto: Volquardsen

“Den Menschen Raum geben, Traumata zu verarbeiten“: Referent Thore Volquardsen Foto: Volquardsen

Foto: Volquardsen

"Mit Traumatisierung haben wir sehr viel zu tun", sagt Beate Leonhard-Kaul, Expertin des Kinder-Hospizdienstes Saar. Vor allem wenn ein Kind unerwartet sterbe, sei die psychische Erschütterung kaum zu ermessen, ebenso wenig bei einer schlimmen Diagnose oder wenn während langer Krankheit. "Die Betroffenen können dann an gar nichts anderes mehr denken", so Leonhard-Kaul. Deshalb hatte der Kinder-Hospizdienst den "Umgang mit traumatisierten Kindern, deren Eltern und Familien" zum Thema seiner 11. Fachkonferenz gemacht.

Rund 75 Personen hatten sich im Dienstgebäude des Landkreises in der Saarbrücker Straße in Neunkirchen versammelt - Fachkräfte aus dem gesamten Bereich, aber auch betroffene Eltern . Moderiert wurde vom Geschäftsführer des Kinder-Hospizdienstes, Paul Herrlein. Landrat und Gastgeber Sören Meng sowie Guido Fries vom saarländischen Ministerium für Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie sprachen einige Grußworte. Dabei betonten beide den Wert der Arbeit des Kinder-Hospizdienstes, die zu einem großen Teil von ehrenamtlichem Engagement getragen wird. Zurzeit nehmen übrigens 152 Familien die Hospiz- und Palliativarbeit in Anspruch.

Einen Vortrag zum Thema hielt Thore Volquardsen, Gründer und Leiter des Instituts für psychosoziale Entwicklung in Dresden. Der Sozialtherapeut, psychologische Berater und Erzieher ging auf verschiedene Reaktionen bei Traumatisierung ein und erläuterte, wie man zu Betroffenen durchdringen könne. Eine mögliche Grundreaktion auf ein Geschehen, nach dem nicht in den Alltag zurückgekehrt werden könne, sei die Erstarrung. Andere Menschen hingegen entwickelten verstärkte Aktivität, die auf dem Bedürfnis beruhe, der Situation zu entfliehen. "Die dritte mögliche Reaktion ist Aggression". In jedem Fall sei ein Trauma in jeder Familie individuell und man müsse den Menschen Raum geben, es zu verarbeiten. Nach einer bestimmten Zeit eine Rückkehr zur "Normalität" zu fordern, das funktioniere nicht.

In einem Podiumsgespräch setzten sich dann der Referent, Anna Pein vom Oskar-Sorgentelefon, die betroffene Mutter Corinna Tönnes, Martina Paulus von der Seelsorge des Marienhausklinikums Kohlhof und Mitarbeiter des Kinder-Hospizdienstes nochmal sehr spezifisch und persönlich mit dem Thema auseinander. Fazit der Konferenz: Es gibt noch viel zu tun. Deutschlandweit müsse vor allem im medizinischen Bereich für das Thema Trauma und Trauer sensibilisiert werden und Betroffenen bestehende Angebote stärker vermittelt werden. "Wir sind mit unserer elften Fachkonferenz sehr zufrieden", sagt Vanessa Fritzen, Fachkraft beim Kinder-Hospizdienst.

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