Abschneiden oder herausdrehen?

Münchwies · Die Pilzsaison ist eröffnet. Bei einer ersten Pilz-Wanderung im Münchwieser Wald konnten die Teilnehmer viel lernen. Welche Pilze kann man essen? Wie holt man sie aus dem Boden? Und wie wirken halluzinogene Pilze?

 Der Pilzsachverständige Harry Regin zeigt den Teilnehmern der Pilzwanderung einen rehbraunen Dachpilz.

Der Pilzsachverständige Harry Regin zeigt den Teilnehmern der Pilzwanderung einen rehbraunen Dachpilz.

Foto: Jörg Jacobi

Am Vortrag hatte es geregnet. Ein gutes Omen? Knapp 20 Teilnehmer sind am Sonntagmittag zur Pilzwanderung im Münchwieser Wald aufgebrochen. Halbwegs optimistisch machte sich die Gruppe an den Aufstieg vom Friedhof hoch in den Wald. Es dauerte eine Weile, bis der erster Fund gemeldet wurde: ein rehbrauner Dachpilz, zu erkennen an den hellen, nicht am Stiel anliegenden Lamellen, die sich später rosa färben. Als Ständerpilz gehört er zur Gruppe der Saprobionten. Diese ziehen ihre Nährstoffe aus totem organischen Material wie morschen Bäumen oder Tierkadavern. "Holz ist nichts anderes als Vielfachzucker", dozierte der Experte. Verdaut wird allerdings schon vorher. Denn der Pilz zersetzt die Nahrungsquellen außerhalb seiner Zellen mithilfe von hydrolytischen Enzymen, die er ausscheidet.

Einfacher zu verstehe ist da schon, dass Pilze , auch wenn man weit und breit keinen sieht, im Wald quasi immer und überall anwesend sind: "Als feines Haargeflecht im Boden", das uns unschätzbare Dienste erweist: "Pro Hektar Wald fallen im Jahr vier Tonnen organisches Material an." Gäbe es diese sehr speziellen Lebensformen nicht, "würden wir in zehn bis 20 Jahren ersticken", merkt der Fachmann an. Bei den sichtbaren Pilzen, ob mit Kappe oder ohne, handelt es sich ja nur um die Fruchtkörper. Apropos: "Kann man den Essen", fragt ein Mädchen. "Ja, aber der Dachpilz schmeckt nicht besonders. Wie alter Kartoffelkeller."

Kurz drauf fällt der zweite Klassiker unter den Laienfragen: "Abschneiden oder heraus drehen?" "Geht beides", sagt Regin. Unerwünscht ist nur das Herausrechen, wie es besonders gründliche Sammler tun. Sein lassen sollte man auch das Zerstören giftiger Pilze : "Das ist ein böses Foul", urteilt der Mykologe. "Für uns sind sie giftig, aber für den Wald überlebenswichtig", sogar der grüne Knollenblätterpilz. Im Fall von Symbionten gehen Baum und Pilz eine harmonische Lebensgemeinschaft ein. Wie der kleine Herbstfußröhrling, den jemand gerade an einer Buche abgeschnitten hat: "In dieser Symbiose gibt der Baum dem Pilz Kohlenhydrate und erhält im Ausgleich dafür Wasser und Mineralien."

Drittes Top-Thema sind halluzinogene Pilze . Regin verneint, er habe das nie selbst ausprobiert. Aber es gab da mal die zwei Vereinsmitglieder, die sich bei einer Fahrt ein paar spitzkegelige Kahlköpfe, wie sie am Rand von Kuhfladen gedeihen, probeweise reingezogen haben. Die Beiden haben sich schier kaputt gelacht und sind nackig über die Wiesen gerannt. Nach zwölf Stunden Schlaf an Stück konnten sie sich an nichts mehr erinnern - im Gegensatz zu den Teilnehmer der Pilzexkursion, deren hinzugewonnenes Wissen die Missernte reichlich aufwog.

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