Die Zeit der Friedenskirche läuft ab

Neunkirchen · Für den 4. Oktober ist der Erntedankgottesdienst als Abschiedsgottesdienst für die Friedenskirche vorgesehen. Im Beerwaldweg könnte ein „Haus der Evangelischen Kirche in Neunkirchen“ entstehen.

 Die Evangelische Kirchengemeinde Neunkirchen gibt die Friedenskirche auf. Foto: Hans-Jürgen Strack

Die Evangelische Kirchengemeinde Neunkirchen gibt die Friedenskirche auf. Foto: Hans-Jürgen Strack

Foto: Hans-Jürgen Strack

Wie läuft eine Entwidmung ab? Was passiert mit der Friedenskirche nach ihrer Entwidmung? Welche Perspektive haben die Menschen, die hier arbeiten? Wie gestalten sich Grundstücksverkäufe an die Stadt? Was soll in einem geplanten kirchlichen Zentrum im Beerwaldweg überhaupt passieren? Und: Könnte aus der Friedenskirche eine Moschee werden? Das waren Fragen, die am Sonntag in einer Gemeindeversammlung zum Thema Schließung Friedenskirche Beerwaldweg im Wichernhaus gestellt und diskutiert wurden. Das Presbyterium der Evangelischen Kirchengemeinde Neunkirchen schließt drei ihrer sechs Predigtstätten (SZ vom 17. Januar) und sammelt dazu in drei Gemeindeversammlungen die Stimmen und Stimmungen der Mitglieder. Dem Auftakt Friedenskirche vom Sonntag folgen am 1. Februar Schließung Kirche Kohlhof und am 8. März Schließung Pauluskirche. Erhalten bleiben Christuskirche, Paul-Gerhardt-Kirche und Martin-Luther-Haus.

Der jetzt geplante geordneten Rückbau der Immobilien sei zwingend nötig, um sich zukunftsfähig aufzustellen, leitete Pfarrer Bertram Weber als Vorsitzender des Presbyteriums ein. Der Rückbau sei auch Reaktion auf die schwindende Mitgliederzahl und die wachsende Finanzlast. Konkret zur Friedenskirche erklärte Bertram Weber vor rund 50 Interessierten: Für den 4. Oktober ist der Erntedankgottesdienst als Abschiedsgottesdienst für die Friedenskirche geplant. Ein verlässlicher Fahrdienst sichert danach den Gottesdienstbesuch zu verbleibenden Gottesdiensträumen. Dort irgendwo wird auch die Orgel der Friedenskirche eine neue Heimat finden. Die neue Gottesdienstordnung mit dem Einsatz der vier Pfarrer /Pfarrerinnen wird abgestimmt. Chance für die Kirchengemeinde: Die Stadt ist am Kauf von Grundstücken interessiert und will sie bebauen (Pfarrer Uwe Schmidt: "Wir verkaufen nicht unter Wert"). Perspektivisch: Im Beerwaldweg könnte ein "Haus der Evangelischen Kirche in Neunkirchen " entstehen - etwa mit zentralem Gemeindeamt und Seminar- und Begegnungsräumen. Eine Moschee jedenfalls werde die Friedenskirche nicht, stellten die Presbyteriumsvertreter klar. Das verwehre schon das Landeskirchenamt. Bertram Weber: "Die Muslimische Gemeinde ist in der Lisztstraße gut aufgehoben."

"Ich vermisse unseren Oberbürgermeister. War der nicht eingeladen?", schob die Versammlung noch eine Frage nach. Sicher doch, beschied Bertram Weber. Jürgen Fried sei ja auch in der Friedenskirche konfirmiert worden. "Er hätte die Kirche auch gern gekauft", scherzte Weber. Man habe sich aber über den Preis nicht einigen können.

Meinung:

Sichtbare Zeichen

Von SZ-RedakteurinClaudia Emmerich

Reißen die wirklich ihre Kirchen ab? Die Frage stellen auch Menschen, die nicht kirchennah sind. Und es ist auch unerheblich, ob es um evangelische oder katholische Gotteshäuser geht. Die Frage kommt, weil Kirchen zum Stadtbild und zu den individuellen Erinnerungen gehören: Taufe, Kommunion/Konfirmation, Trauung, Beerdigung. Stationen des Lebens. Den sich schon längst abzeichnenden Überlebenskampf der Kirchengemeinden machen Gebäude- vor allem Kirchenschließungen jetzt für alle sichtbar. Und jeder kann sich auch die Frage "der eigenen Entkirchlichung" (Pfarrer Uwe Schmidt) stellen. Wo Altes geht, kommt Neues. Das werden auch Kirche und das Gemeindeleben erfahren.

Zum Thema:

Am RandeSchließungen von Kirchengebäuden sind auch ein Thema im ganzen Evangelischen Kirchenkreis Saar-Ost (mit den Gemeinden im Landkreis Neunkirchen ). "Es heißt, verantwortungsvoll mit dem Immer-weniger-Werdenden umzugehen", stellt Superintendent Gerhard Koepke auf SZ-Anfrage fest. "Aber im Mittelpunkt unseres Glaubens stehen ja nicht Gebäude, sondern die Menschen, die sich in den Gebäuden treffen. Und wenn es darum geht, mit immer knapper werdenden Mitteln umzugehen, das Verbleibende sinnvoll einzusetzen, dann eben für die Arbeit mit diesen Menschen und nicht in Steine." cle

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