Kinderuni Saar Wie man es Bakterien im Weltall so richtig ungemütlich macht

Saarbrücken · Um „Oberflächen mit Superkräften“, die man auch im Weltall braucht, geht es bei der Auftakt-Vorlesung der Kinderuni Saar am 9. November mit dem Materialwissenschaftler Frank Mücklich. Die vier kindgerechten Veranstaltungen drehen sich dieses Semester um „Raumfahrtwelten“.

 Frank Mücklich (rechts), Professor für Materialwissenschaft und Werkstofftechnik, und sein Mitarbeiter Daniel Müller zeigen an diesem Modell, wie sie Kindern die Bedeutung von Oberflächenstrukturen erklären wollen. Die rote Kugel auf dem geriffelten Schaumstoff soll ein Bakterium sein.

Frank Mücklich (rechts), Professor für Materialwissenschaft und Werkstofftechnik, und sein Mitarbeiter Daniel Müller zeigen an diesem Modell, wie sie Kindern die Bedeutung von Oberflächenstrukturen erklären wollen. Die rote Kugel auf dem geriffelten Schaumstoff soll ein Bakterium sein.

Foto: Iris Maria Maurer

Bakterien sind überall. Auf Türklinken und Klobrillen, im Kühlschrank, auf der Handy-Tastatur. Überall. Milliarden von ihnen. Manche sind gefährlich und machen krank. Resistente Keime zum Beispiel, die ihr Unwesen in Kliniken treiben und denen mit Antibiotika nicht beizukommen ist. Aber auch im Weltall können Bakterien zur Gefahr werden. Genauer: In der Internationalen Raumstation ISS. Wie kriegt man sie dort weg? Indem man es ihnen so ungemütlich wie möglich macht. Man braucht dazu „Oberflächen mit Superkräften“. Genauso heißt die Vorlesung von Frank Mücklich am 9. November.

„Man muss es diesen Bakterien schwer machen, sich anzuheften und sich zu vermehren“, erklärt der Materialwissenschaftler. Er ist Professor für Funktionswerkstoffe an der Universität des Saarlandes in Saarbrücken und erforscht dort am Material Engineering Center Saarland (MECS) zum Beispiel, wie man Oberflächen (mit Lasertechnik) so bearbeitet, dass man daraus bessere Produkte machen kann. Das kann für Auto-Technik, für die Medizin – oder eben für die Raumfahrt sein.

Bei seinem Vortrag an der Kinderuni wird er erklären, was es mit mikroskopisch kleinsten Oberflächenstrukturen auf sich hat, die antibakteriell wirken. Mücklich vergleicht sie mit Nagelbrett, auf dem man unbequem sitzt. Es gibt aber auch ganz andere Oberflächenstrukturen, die Bakterien sogar komplett killen können. Zum Beispiel Kupfer. „Dass Kupfer das kann, wussten schon die alten Griechen“, erklärt Mücklich. Auch ohne Mikroskop. Nur aus Erfahrung. Denn die Reichen, die sich Kupfergefäße leisten konnten, wurden seltener krank als die Armen, die oft Holz- oder Tongeschirr hatten. Woran lag das? An der unterschiedlichen Oberflächenstruktur von Kupfer und Holz. Kupfer habe eine toxische Wirkung auf die meisten Mikroorganismen einschließlich Viren, Pilzsporen und eben auch Bakterien, erklärt der Forscher. Kupfer kann Krankheitserreger deshalb unschädlich machen. Wegen seiner „sesselförmigen“ Oberflächenstrukturen, in denen die Bakterien gerne hängen bleiben – und dann abgetötet werden.

Mücklich wird das im Audimax anschaulich mit seinem Team präsentieren. Die Kinder werden zu sehen bekommen, dass mikroskopisch kleine Oberflächen zum Beispiel aussehen wie Eierkartons oder zerklüftete Bergwelten. Manchmal erinnern sie an eine Skaterbahn – oder auch an eine Kraterlandschaft. Und je nachdem können Bakterien eben gut, schlecht oder gar nicht auf diesen Strukturen anhaften.

Dazu gab und gibt es Forschungsprojekte auf der ISS. Eines davon führte der aus dem Saarland stammende Astronaut Matthias Maurer während seiner 176 Tage dauernden Langzeitmission im Weltall zusammen mit dem Bodenteam, den Saarbrücker Materialforschern und mit Astro-Mikrobiologen des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt, durch. Maurer hat übrigens in Saarbrücken Materialwissenschaft und Werkstofftechnik studiert und bei Mücklich seinen Diplomabschluss gemacht.

„Jeder Erwachsene besteht aus rund 30 000 Milliarden Zellen und hat noch mehr Mikroorganismen, die für alle möglichen biologischen Vorgänge im und auf dem Körper sorgen“, erklärt Mücklich. Über die Jahre waren mehr als 100 Astronauten und Astronautinnen auf der ISS. Sie alle haben „ihre“ Bakterien dort hinterlassen. Diese können im schlimmsten Fall zu gefährlichen Krankmachern mutieren. Wie sie sich in der Schwerelosigkeit des Weltalls auf Oberflächen verhalten, das haben Maurer und das Saarbrücker Forscher-Team untersucht, indem alle Astronauten immer wieder ihre Fingerabdrücke und damit ihre Bakterien auf auf unterschiedlichsten mikroskopischen Oberflächenstrukturen aus Edelstahl, Kupfer und Messing hinterlassen haben.

„Diese Forschungsergebnisse kann man nutzen, um nicht nur die Raumfahrt keimfreier zu machen, sondern zum Beispiel auch um neuartige Implantate zu entwickeln, auf denen Bakterien nicht mehr haften bleiben“, erklärt der Wissenschaftler. Durch neu entwickelte Oberflächen mit Superkraft eben.

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