Fünf Jahre später Langer Kampf gegen Betrug auf dem Bau

Saarbrücken · Fünf Jahre nach dem Bostalsee-Skandal: Die Wanderarbeiter bekommen feste Ansprechpartner.

 Frühjahr 2013: Rumänische Arbeiter demonstrierten vor dem saarländischen Wirtschaftsministerium wegen ausstehender Löhne.  Staatssekretär Jürgen Barke (rechts) stellte sich den Betrogenen. 

Frühjahr 2013: Rumänische Arbeiter demonstrierten vor dem saarländischen Wirtschaftsministerium wegen ausstehender Löhne.  Staatssekretär Jürgen Barke (rechts) stellte sich den Betrogenen. 

Foto: BeckerBredel

Wanderarbeiter erhalten über Wochen kein Geld, schuften umsonst an den Unterkünften für den Ferienpark am Bostalsee. Nur noch wenige Wochen sind es bis zur geplanten Eröffnung im Sommer. Erst als die Rumänen in ihrer Verzweiflung fern ihrer Heimat dagegen protestieren, gelangt das ganze Ausmaß des Skandals an die Öffentlichkeit. Den Beschäftigten, die für ein fast undurchschaubares Geflecht an Subunternehmern arbeiten, wird ihr Gehalt nicht ausbezahlt. Das saarländische Wirtschaftsministerium schaltet sich umgehend ein und sorgt dafür, dass die Betroffenen so schnell wie möglich ihren ausstehenden Lohn bekommen, noch vor Ostern.

Fast auf den Tag genau sind es fünf Jahre her, dass dieser Fall bundesweit für Aufsehen sorgte. Damals, im März 2013, war klar: So etwas darf sich nie wiederholen, weder hier am touristischen Prestigeobjekt im nördlichen Saarland noch sonstwo.

Als Konsequenz daraus wird es nun ab April eine Anlaufstelle für Wanderarbeiter und mobile Beschäftigte geben. Das Beratungsbüro entsteht bei der Arbeitskammer des Saarlandes, so wie es kurz nach den kriminellen Machenschaften Markus Andler gefordert hatte. Eine unabhängige Beratungsstelle mit Dolmetschern verlangte damals der Vize-Chef der Industriegewerkschaft Bauen, Agrar, Umwelt (IG BAU) in Rheinland-Pfalz und dem Saarland. Andler hatte die ganze Sache aufgedeckt und war im Anschluss eine Zeit lang offiziell Ansprechpartner für Wanderarbeiter auf der Ferienpark-Baustelle.

In dieser Zeit reiften weitere Forderungen, zum Beispiel die für ein saarländisches Tariftreuegesetz für öffentliche Aufträge. Das gibt es bereits. Und Mitarbeiter des saarländischen Wirtschaftsministeriums kontrollieren, ob sich Auftragnehmer daran halten.

Mit der neuen Beratungsstelle, die sich das Land jährlich 180 000 Euro kosten lässt, sollen ausländische Arbeiter die Chance erhalten, sich über soziale und tarifliche Standards in Deutschland zu informieren. Saar-Wirtschaftsministerin Anke Rehlinger (SPD) dazu in einer schriftlichen Stellungnahme: „Sie sollen in die Lage versetzt werden, sich gegen Ausbeutung zur Wehr zu setzen.“

Zwei Arbeitsplätze sind dafür vorgesehen. An die 40 Bewerbungen aus dem gesamten Bundesgebiet sowie aus Rumänien und Bulgarien gingen dazu ein, ergänzt Werner Müller, Abteilungsleiter bei der Arbeitskammer. Heute beginnen die Vorstellungsgespräche. Das genaue Datum, wann das neue Büro dann an den Start geht, steht indes noch aus, ergänzt Beatrice Zeiger, Geschäftsführerin der Arbeitskammer. Sie war unter anderem im Wirtschaftsministerium maßgeblich an den Strukturen für das Tariftreuegesetz im Saarland beteiligt, das mit seiner Kontrollinstanz deutschen Pilotcharakter hat.

Vorerst ist das Projekt Beratungsstelle auf zwei Jahre angelegt, heißt es aus dem Wirtschaftsministerium. Es sei aber schon daran gedacht, es zu verlängern. Diese Stelle einzurichten, ist Teil des Koalitionsvertrages zwischen CDU und SPD. Die Verantwortlichen wollen unter anderem ausländische Arbeitnehmer erreichen, die im Dienstleistungssektor, in produzierenden Berufen, als Saisonarbeiter sowie im grenzüberschreitenden Verkehrsgewerbe tätig sind. Über die Grenzen des Saarlandes hinaus nutze die Arbeitskammer das Netzwerk der Gewerkschaften, die mit ihren Beratungsangeboten bereits Kontakte zu Wanderarbeitern hat. Mit Behörden im Bundesgebiet und dem Europäischen Verein für Wanderarbeit, der schon 2013 am Bostalsee vertreten war,  werde ebenso kooperiert.

 Er kämpfte für die Arbeiter, die bei den Bauarbeiten zum  Ferienpark am Bostalsee leer ausgingen: Vize-Gewerkschaftschef Markus Andler, hier im März 2013 auf der Baustelle bei der Auszahlung.

Er kämpfte für die Arbeiter, die bei den Bauarbeiten zum  Ferienpark am Bostalsee leer ausgingen: Vize-Gewerkschaftschef Markus Andler, hier im März 2013 auf der Baustelle bei der Auszahlung.

Foto: B&K- Fotograf Bonenberger

Doch wie kommen die Berater letztlich an die Zielgruppe heran? Im Internet seien nach Zeigers Auskunft Auftritte unter anderem in Bulgarisch und Rumänsich geplant. Mehrsprachige Flugblätter soll es ebenfalls geben. Und Mitarbeiter werden sich vor Ort blicken lassen. Ministerin Rehlinger: „Auch am Wohn- und am Arbeitsort werden Informationen vermittelt.“ Auch Dolmetscher stünden nach Bedarf bereit.

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