Kein Nachschub mehr für Cattenom?

Berlin/Aachen · Atomkraftgegner legen ein Gutachten vor, das deutsche Brennelemente-Lieferungen an Pannenreaktoren gesetzeswidrig nennt.

 Die Meiler des AKW Cattenom laufen auch mit Brennelementen aus Deutschland. Foto: Christophe Karaba/dpa

Die Meiler des AKW Cattenom laufen auch mit Brennelementen aus Deutschland. Foto: Christophe Karaba/dpa

Foto: Christophe Karaba/dpa

Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) könnte nach Auffassung von Anti-Atomkraft-Initiativen und der Ärzteorganisation Internationale Ärzte zur Verhütung des Atomkrieges und in sozialer Verantwortung (IPPNW) die Exporte von Brennelementen aus Lingen für belgische und französische Pannenreaktoren verbieten. Sie müsse diese Lieferungen sogar untersagen, sagte die IPPNW-Europavorsitzende Angelika Claußen jetzt in Berlin bei der Vorstellung eines Rechtsgutachtens. Das Gutachten stammt von der Juristin Cornelia Ziehm, die sich auf Atomrecht spezialisiert hat.

"Die Bundesregierung darf sich nicht weiter hinter unhaltbaren Rechtsauslegungen verschanzen, in der die Wirklichkeit völlig ausgeklammert wird", sagte Claußen. "Das Leben und die Gesundheit der Bevölkerung haben eindeutig Vorrang." Atomkraftgegner aus NRW unterstützten die Forderung. "Wir werden nicht locker lassen, ein sofortiges Moratorium der Brennelemente-Lieferungen nach Belgien zu fordern", erklärte Walter Schumacher vom Aachener Aktionsbündnis gegen Atomanlagen. In Aachen seien die Gefahren durch das belgische "Risse-AKW" Tihange 2 allen im Bewusstsein.

Die Brennelementefabrik Lingen (Emsland) ist ebenso wie die Urananreicherungsanlage im westfälischen Gronau vom deutschen Atomausstieg ausgenommen. Beide Anlagen beliefern unter anderem die grenznahen Atomkraftwerke Tihange und Doel in Belgien sowie Fessenheim und Cattenom in Frankreich. Diese Reaktoren weisen Experten zufolge hohe Sicherheitsmängel auf und mussten nach Pannen und Materialfehlern immer wieder abgeschaltet werden. Deshalb hatte Hendricks die belgische Regierung zur Stilllegung von Tihange und Doel aufgefordert.

Nach IPPNW-Angaben streitet die Ministerin ab, dass sie rechtliche Möglichkeiten für ein Export-Verbot habe. Sie berufe sich dabei auf ein vom Umweltministerium beauftragtes Gutachten. Ziehm verweist dagegen auf das deutsche Atomgesetz. Danach dürfe die Ausfuhr von Kernbrennstoffen nur genehmigt werden, wenn dadurch die Sicherheit Deutschlands nicht bedroht werde.

2016 wurden Brennelementelieferungen von Lingen an die Reaktoren Doel 3 und Tihange 2 genehmigt. Die aktuelle Transportgenehmigung des Bundesamtes für kerntechnische Entsorgungssicherheit umfasst 50 Transporte nach Belgien bis April 2018. Die beiden Reaktoren in Fessenheim wurden letztmalig 2014 und 2015 mit Brennelementen aus Lingen beliefert. Sie reichen nach Angaben des Betreibers EdF für einen Betrieb bis zum Frühjahr 2018.

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