Die musikalische Matinee war Familiensache

Reinheim. "Wenn der Vater mit dem Sohne", lautete einst ein Film in den Fünfzigern. Wenn die beiden sich der gleichen Profession - in diesem Fall der Musik - verschrieben haben, hat dies einen gewissen Reiz. Dann kann es schon mal vorkommen, dass der eine (Vater) meint, der andere (Sohn) habe beim Anstimmen des nächsten Liedes nicht die richtige Tonart gewählt

 Hans und Daniel Bollinger beim Konzert im Europäischen Kulturpark. Foto: Jörg Martin

Hans und Daniel Bollinger beim Konzert im Europäischen Kulturpark. Foto: Jörg Martin

Reinheim. "Wenn der Vater mit dem Sohne", lautete einst ein Film in den Fünfzigern. Wenn die beiden sich der gleichen Profession - in diesem Fall der Musik - verschrieben haben, hat dies einen gewissen Reiz. Dann kann es schon mal vorkommen, dass der eine (Vater) meint, der andere (Sohn) habe beim Anstimmen des nächsten Liedes nicht die richtige Tonart gewählt. Ganz kleinlaut musste Hans Bollinger (Gesang und Gitarre) so am Sonntagmittag bei der dritten Matinee im Zelt des Europäischen Kulturparks zugeben, dass sein Sohn Daniel (Klarinette) richtig lag. Der Sohn wüsste es eben besser. Er sei ja auch jünger, flachste der Vater über seinen Junior. Bollinger senior gab somit indirekt die begeisterte Stimmung des Publikums wieder, die ab dem ersten Ton trotz windigen und regnerischen Wetters außerhalb des Zeltes herrschte. Dabei war bereits der Auftakt ungewöhnlich: Daniel Bollinger kam Klarinette spielend von links hinter der Bühne auf die Bretter, die die Welt bedeuten. Vater Hans folgte ihm nach. Die Dominanz der Klarinette passte an dieser Stelle recht gut zum Inhalt des ersten Liedes: Der Rabbi fordert bei einer jüdischen Hochzeit zum Trinken von Branntwein auf. Damit wirke der Alkohol schneller. Es blieb jiddisch im bollingerschen Programm: "Tumbalalaika", das klassische Volkslied der Juden, welches man auch in Russland singt, schien dem Gros des Publikums nicht fremd gewesen zu sein. Es sang mit. Das Duo auf der Bühne traf damit den Nerv des Publikums, welches mit den ersten "Bravo!-Rufen" reagierte. "Donna, Donna", ein Klassiker in der Version von Joan Baez, erfreut sich heute noch immer großer Beliebtheit. Dabei ist der Hintergrund ein ernster, wie Hans Bollinger in seiner Moderation verriet. Ein Kalb wird zum Schlachten geführt. Mit "Wie schön blüht uns der Maien" hatten wohl die wenigsten Matinee-Besucher gerechnet.Doch es ging programmlich nicht nur im jiddisches, sondern auch um deutsches Liedgut. So auch Lieder der Romantik wie "Wem Gott will rechte Gunst erweisen" von Joseph von Eichendorff. Auch bei Hofmann von Fallersleben machten die Bollingers Station: "Bei einer Pfeif` Tabak", welches auf der Melodie von "Ein Jäger aus Kurpfalz" basiert, war auch Teil des Konzertes. Musiktitel mit Augenzwinkern, die waren oft mit dabei. So auch "Wer einst dem Feind die Hosen klopfte" von Kurt Tucholsky. Hans Bollinger steuerte aber auch einen Bob-Dylan-Titel bei, den er früher bei seiner Abifeier gespielt hatte: "The Times They Are A-Changing", die Zeit wird bald ganz anders sein. Da schien sich ein nicht unerheblicher Teil der Besucher an vergangene Zeiten zu erinnern und belohnte gerade diesen Titel mit einem besonders herzlichen Applaus.

Auch bei "Ihr alten Freunde" vom Liedermacher und ehemaligen Saarbrücker Unidozenten Franz-Josef Degenhardt war dies genauso wie beim italienischen Partisanenlied "Bella Ciao". Am Ende gab es stehende Ovationen und "Die Gedanken sind frei" als Zugabe der beiden Musiker für ein mehr als einstündiges Konzert ohne Pause.

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