Freispruch für die gesättigten Fettsäuren

Phoenix. Führen gesättigte Fettsäuren, wie sie in tierischen Nahrungsmitteln (zum Beispiel Wurst, Fleisch, Milch, Butter, Sahne, Käse, Kokos- und Palmkernfett) stecken, zu verstopften Adern und Herzerkrankungen? Die neuesten Forschungsergebnisse zu diesem Thema wurden Mitte April auf einer wissenschaftlichen Konferenz in Phoenix (Arizona, USA) vorgestellt

Phoenix. Führen gesättigte Fettsäuren, wie sie in tierischen Nahrungsmitteln (zum Beispiel Wurst, Fleisch, Milch, Butter, Sahne, Käse, Kokos- und Palmkernfett) stecken, zu verstopften Adern und Herzerkrankungen? Die neuesten Forschungsergebnisse zu diesem Thema wurden Mitte April auf einer wissenschaftlichen Konferenz in Phoenix (Arizona, USA) vorgestellt.Patty Tarino aus der Arbeitsgruppe von Ronald Krauss am Children's Hospital Oakland Research Institute machte in ihrem Vortrag deutlich, wie wackelig die Beweise sind, dass gesättigte Fette zu Herzerkrankungen führen. Mit anderen Worten: Die übliche Sichtweise, dass der Verzehr dieser Fette das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen erhöht, ist wissenschaftlich nicht "wasserdicht". Zudem können gesättigte Fettsäuren durchaus auch vorteilhafte Wirkungen haben. Beispielsweise ist der Effekt, dass das LDL-Cholesterin (das angeblich "schlechte" Cholesterin) im Blut ansteigt, nicht darauf zurückzuführen, dass mehr LDL-Partikel entstehen. Die Cholesterin-Partikel werden vielmehr größer, voluminöser. Das macht sie jedoch weniger empfindlich; sie werden - flapsig formuliert - nicht so schnell ranzig und das wiederum macht sie harmlos für die Innenwände der Blutgefäße.Unser Körper benötigt sogar gesättigte Fettsäuren. Immerhin stellt er sie ständig selbst her, und sie machen rund die Hälfte aller Fettsäuren in der Muttermilch aus. Sie festigen die Zellmembranen, die alle Körperzellen umgeben - auch im Gehirn. Über die Erfolge mit kohlenhydratreduzierten, fett- und eiweißreicheren Diäten in ihrer ärztlichen Praxis in Kansas berichtete Mary Vernon. Die praktische Ärztin, die im Vorstand der Fachgesellschaft sitzt, die zum Kongress eingeladen hatte, sagte sinngemäß: "Selbst als medizinisch gut ausgebildeter Praktiker ist man verwundert, wie schnell diese Diät greift." Verwundert waren die Teilnehmer auch zu hören, dass der Cholesterin erhöhende Effekt der gesättigten Fettsäuren gänzlich ausbleibt, wenn sie im Rahmen einer Low-Carb-Diät gegessen werden. Das bedeutet: Je weniger Brot, Nudeln, Cornflakes, Kuchen, Kartoffeln oder süße Getränke auf den Tisch kommen, desto unproblematischer sind Butter, Sahne oder Schmalz. Wichtig war allen Rednern der Hinweis, dass Ernährungstherapien immer individuell auf Stoffwechsellage und Bedürfnisse des Patienten abgestimmt werden müssen. Mit Spannung erwartet wurde der Hauptredner der Tagung, der mehrfach ausgezeichnete Wissenschaftsjournalist Gary Taubes aus New York. Er referierte zu seinem neuen Buch "Good Calories, Bad Calories" ("Gute Kalorien, schlechte Kalorien"), in dem er detailliert die herkömmliche Sichtweise zerlegt, gesättigte Fettsäuren seien schädlich für Herz und Gefäße. Fehlinterpretationen der Fachliteratur, Ignoranz gegenüber Kritikern der Fett-Herzinfarkt-Hypothese und unglaublich hartnäckige Vorurteile gegenüber den gesättigten Fettsäuren machten es möglich, dass diese Sichtweise bis heute als Dogma gelte.Andere sprachen offen über ihre praktischen Erfahrungen, so Eric Westman, Arzt und Wissenschaftler aus Durham (North Carolina). Für ihn ist klar, dass die gesättigten Fette bislang zu negativ beurteilt wurden und dass sie im Rahmen einer Low-Carb-Ernährung möglicherweise sogar gesundheitsförderlich sind.Es sieht danach aus, dass sich die vorherrschende Lehrmeinung in der Ernährungswissenschaft wandelt. Bleibt zu hoffen, dass es in Zukunft nicht wieder 50 Jahre dauert, bis fehlerhafte Dogmen als solche aufgedeckt werden. Einstweilen dürfen wir wieder genussvoll einen Stich Butter ans Gemüse geben. UG

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