Eine Verbeugung vor dem Eszett

Liebeserklärungen klaut man nicht. Also borge ich mir die, die die Dudenredaktion dem Eszett gemacht hat, für diese Kolumne nur aus. Die Wächter der deutschen Sprache haben geschrieben: "Das ß (Eszett) ist gerade durch seine Bescheidenheit einzigartig: Als einziger Buchstabe unseres Alphabets tritt es nicht als Großbuchstabe auf."

Vermutlich, weil er die Bescheidenheit des kleinen Buchstabens, der auch "scharfes S" genannt oder als "Doppel-S", "Buckel-S", "Rucksack-S", "Dreierles-S" oder "Ringel-S" bezeichnet wird, auch so mag, hat mir in diesen Tagen ein Leser geschrieben. Auf einem Schild, das die Skater bittet, nicht vor der Europa-Galerie rumzufahren, solange dort viele Menschen unterwegs sind, steht das Wort "Ladenschluß". Im Bildtext zur Geschichte über dieses Schild stand, dass das mit dem "ß" ein Fehler ist und es richtig "Ladenschluss " heißen muss.

Das sei "so nicht korrekt", teilte mir der Leser mit. Und er erklärte: "Die alte Rechtschreibung hat nach wie vor Gültigkeit. Ausnahmen sind nur Bildungseinrichtungen, die den Kultusministerien der Länder bzw. ihren Äquivalenten in Österreich und der deutschsprachigen Schweiz unterstehen. Selbst Zeitungs-, Zeitschriften- und Buchverlagen wurde nur empfohlen, die neue Rechtschreibung zu übernehmen."

Wir Zeitungsleute sind der Empfehlung gefolgt - auch weil es doof wäre, wenn die Kinder in den Bildungseinrichtungen, die den Kultusministerien der Länder bzw. ihren Äquivalenten in Österreich und der deutschsprachigen Schweiz unterstehen (also in den Schulen) etwas lernen, was dann in den Zeitungen wieder ganz anders steht. Aber da ich davon ausgehe, dass das Schild weder ein Lehrer, noch ein Schüler, noch ein Tageszeitungsjournalist geschrieben hat, hat der Leser natürlich Recht.