Ein St. Wendeler bei den Spielen

St. Wendel · Heute Abend werden die Olympischen Spiele in London eröffnet. Im deutschen Team sind nicht nur saarländische Sportler vertreten. Professor Lothar Schwarz, der aus Otzenhausen stammt und in St. Wendel aufwuchs, betreut als Arzt die deutsche Olympia-Mannschaft.

St. Wendel. Wenn Lothar Schwarz dem Alltag entfliehen will, schwingt er sich in seinem Wohnort Dudweiler aufs Rad. Dann fährt er durch den Bliesgau Richtung Waldmohr, durch das Ostertal bis nach St. Wendel, wo er aufwuchs. "Das St. Wendeler Land ist für mich der schönste Fleck, um zu regenerieren", sagt Schwarz, Akademischer Direktor des Sportwissenschaftlichen Instituts der Uni des Saarlandes. Hier hat er noch mal Kraft getankt - für die Olympischen Spiele in London, nach Peking seine zweiten Spiele. Dort gehört er zum Betreuerstab der deutschen Mannschaft. Als Verbandsarzt der Deutschen Triathlon-Union (DTU) kümmert er sich vor allem um die deutschen Triathleten wie den Saarbrücker Jan Frodeno. Ein 24-Stunden-Job. "Jeder Tag ist gleich. Man steht früh auf, kümmert sich in der deutschen Praxis im olympischen Dorf um die Sportler. Wenn die Athleten dann gegen 22 Uhr ins Bett gehen, sitzen die Betreuer noch zusammen. Man schläft also nicht viel", berichtet er von seinen Erfahrungen in Peking. Es sei anstrengend, "aber es macht Spaß".

Zehner-WG im Olympiadorf

Im olympischen Dorf, wo er mit den Sportlern in einer Zehner-WG wohnen wird, sind nicht nur seine medizinischen Kenntnisse gefragt. "Im Dorf stürmen so viele Eindrücke auf dich ein. Man muss die Athleten davon abschirmen, damit keine Verkrampftheit entsteht. Je größer die globale Aufmerksamkeit ist, desto enger wird der Zirkel um den Sportler", sagt Schwarz. Von den Spielen in Peking ist ihm vor allem der Zieleinlauf von Olympiasieger Frodeno im Gedächtnis geblieben. "Ich war damals einer der Ersten, die ihm um den Hals gefallen sind. Dieses Jahr wird es sehr schwierig für Jan. Er war lange verletzt." Bessere Chancen sieht er für Steffen Justus, der ebenfalls in Saarbrücken trainiert. "Beides sind Wettkampftypen. In so einer Sportart wie Triathlon muss es der Körper richten. Die Weltspitze ist ziemlich nah beieinander, da entscheidet dann aber der Kopf", meint der Sportmediziner.

London sind seine zweiten Spiele, aber es könnten auch seine letzten sein. "Danach muss ich mir überlegen, ob die Leistungssportbetreuung so noch für mich zu machen ist. Sowas macht man nicht nebenbei. Das ist ehrenamtliche Arbeit, in die viel Freizeit fließt", erklärt der Mediziner seine Überlegungen. Neben der Betreuung der Triathleten und den Lehrstunden an der Uni forscht Lothar Schwarz auch im Gesundheits- und Herzsport, hat das "Herz-fit-Buch" geschrieben. "Der Gesundheitssport profitiert von den Erkenntnissen aus dem Hochleistungssport. Umgekehrt profitieren die Leistungssportler von den Erfahrungen aus dem Gesundheitssport im Umgang mit Krankheiten", erklärt der Mediziner.

Mit dem Rad um die Welt

Als DTU-Verbandsarzt kennt er die Triathleten sehr genau, reist mit ihnen zu Wettkämpfen in der ganzen Welt. "Pro Jahr fliege ich einmal um den kompletten Globus, ich war schon auf allen Kontinenten", erzählt Schwarz. Immer dabei hat er sein Rad. Das Saarland oder Saarbrücken kennen in der Welt nicht viele, St. Wendel aber ein paar mehr, stellte der 52-Jährige fest. "Beim Mountainbiken in Südafrika traf ich einen südafrikanischen Fahrer, der kannte St. Wendel wegen der Weltmeisterschaften." Er sei froh, dass St. Wendel seine Geburtsstadt ist. "Dort ist die Mischung aus traditionellem Stadtbereich und gefälliger Umstrukturierung gelungen. Ich komme gern hier her. Auch das St. Wendeler Land muss sich nicht verstecken. Nur das Mittelmeer könnte näher sein", sagt Lothar Schwarz und lacht. "Aber dafür haben wir ja den Bostalsee." Möglichst jedes zweite Wochenende kommt er nach St. Wendel, wo seine Schwester mit Familie sowie seine Mutter in Alsfassen leben. "Wenn ich die altbekannten Punkte sehe, spüre ich, dass das meine Heimat ist." Bis er wieder in die Kreisstadt kommt, wird es noch mehr als drei Wochen dauern. Am 12. August ist die Abschlussfeier der Olympischen Sommerspiele von London, an der er teilnehmen wird.

Zur Person

 Bereits bei den Olympischen Spielen in Peking war Lothar Schwarz Mannschaftsarzt (oben). Jan Frodeno (unten links), den er in Saarbrücken betreut, wurde dort Olympiasieger. Fotos: privat

Bereits bei den Olympischen Spielen in Peking war Lothar Schwarz Mannschaftsarzt (oben). Jan Frodeno (unten links), den er in Saarbrücken betreut, wurde dort Olympiasieger. Fotos: privat

Lothar Schwarz wurde 1959 in St. Wendel geboren. Seine Kindheit verbrachte er in Otzenhausen, später in St. Wendel, wo er 1978 am Gymnasium Wendalinum sein Abitur machte. Bis 1985 studierte er Medizin in Heidelberg und Homburg, arbeitete anschließend im Krankenhaus Illingen. Seit 1987 arbeitet er am Institut für Sport- und Präventivmedizin der Saar-Uni, wo er 1990 promovierte. Zudem ist er leitender Verbandsart der Deutschen Triathlon-Union, Mitglied der medizinischen Kommission des Welt-Triathlon-Verbandes, ärztlicher Mitarbeiter am Olympiastützpunkt Rheinland-Pfalz/Saarland und Vorsitzender des Sportärzteverbandes Saar. Er ist Facharzt für Allgemeinmedizin mit Zusatzausbildungen in Sportmedizin, Betriebsmedizin und Akupunktur. Lothar Schwarz ist verheiratet und hat zwei Kinder. uo

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