Ein ganz besonderes Training
Saarlouis. Puh, das war knapp. Wenn Jan Peveling jetzt nicht so schnell reagiert und die Ohren eingezogen hätte, wäre ihm der Rückraum-Hammer des kleinen Mikis, 11, voll gegen die Birne geklatscht
Saarlouis. Puh, das war knapp. Wenn Jan Peveling jetzt nicht so schnell reagiert und die Ohren eingezogen hätte, wäre ihm der Rückraum-Hammer des kleinen Mikis, 11, voll gegen die Birne geklatscht. Dann doch lieber fix wegducken und die Pille ins Tor segeln lassen, denkt sich der Torwart des Handball-Zweitligisten HG Saarlouis, fischt den Ball mit einem Grinsen aus dem Netz und freut sich insgeheim über die strahlenden Augen des jubelnden Torjägers.
Platz drei auf Bundesebene
7:7 steht es in der Saarlouiser Stadtgartenhalle in einem nicht alltäglichen Spiel, das die Übungsstunde der Bundesliga-Profis mit krebskranken Jungen aus dem Saarland beschließt. Der Höhepunkt eines Abends, der den Jungs lange in Erinnerung bleiben wird. "Auf geht's, die letzte Minute läuft", fordert HG-Trainer André Gulbicki seine Spieler und die elf bis 19 Jahre alten Gäste noch einmal auf, Vollgas zu geben. Aufmunternden Beifall für die mit Profis und Kids bunt gemixten Teams spenden an der Seitenlinie Weltmeister Christian Schwarzer und HG-Fan Andreas Bohschulte, der mit dem Freundeskreis der HGS das Sondertraining möglich gemacht hatte. "Handball hilft" heißt die große Benefiz-Aktion der deutschen Handballer zugunsten der Krebshilfe, an der sich auch die HGS beteiligt hatte. Ein Training mit der Mannschaft konnte über das Internet-Portal ebay ersteigert werden. Bohschulte und Co. machten mit und bekamen bei 604,50 Euro den Zuschlag. "Ein Schnäppchen", grinst der eingefleischte HG-Fan, "wir hatten 1200 Euro gesammelt. Den Rest stiften wir der Elterninitiative für krebskranke Kinder im Saarland", verrät er.
Richard Jungmann ist stolz auf das Ergebnis. "Es ist das drittbeste Auktionsergebnis überhaupt. Nur die Erstligisten Hamburg und Kiel hatten noch mehr", betont der HG-Vorsitzende und freut sich, dass das Geschenk bei den Kindern gut ankommt. Jonas, David, Johannes, Micki, Johannes und Simon haben sichtlich viel Spaß. Die dunklen Stunden mit Chemotherapie, Angst, Tränen und vielen einsamen Krankenhaus-Stunden sind in diesen Momenten vergessen. "Wir alle haben die Therapie bereits abgeschlossen und sind wieder gesund", sagt Simon Bettscheider.
Als er vor drei Jahren mit der Diagnose Krebs konfrontiert wurde, sei das ein Schock für ihn gewesen, erinnert sich der 19-Jährige. Dass es sich beim Non-Hodgkin-Lymphom um eine bösartige Erkrankung des Lymphsystems handelte, erfuhr er von den Ärzten und bei seiner Recherche im Internet. "Ich bin dann ein halbes Jahr intensiv behandelt worden und war anschließend in der Reha. Danach konnte ich langsam wieder zur Schule gehen und meinen Abschluss machen. Ich will nun in Saarbrücken Materialwissenschaften studieren", erzählt er von seinen Plänen.
Beim alles entscheidenden Siebenmeter-Werfen hat Simon weniger Glück. Zwar kann er Darius Jonczyk zunächst mit einem Heber überwinden. Den zweiten Strafwurf schlenzt er aber am Tor vorbei. David Schork verwandelt seine Würfe sicher und macht so den Sieg seiner Mannschaft perfekt. "Ich war schon als Zuschauer hier. Es ist aber echt irre, wenn man dann hier unten mit den Stars trainieren darf", sagte der 18-Jährige, der heute mit Daniel Fontaine und Otto Fetser spielte und sonst in der zweiten Welle des TuS Riegelsberg aktiv ist.
"Ich hoffe, alle bleiben gesund"
Die leidgeprüften Kinder und Jugendlichen von ihren Sorgen ablenken und ihnen ein bisschen Spaß am Handball vermitteln - das ist für Danijel Grgic eine Herzensangelegenheit. "Als Vater geht mir das Schicksal dieser Jungs sehr nahe. Die Aktion ,Handball hilft' ist eine tolle Sache. Ich hoffe, dass alle Spaß hatten und gesund bleiben", sagt der HG-Kapitän, der mit den jungen Gästen nun bei Pizza und Frikadellen das Spiel analysieren und ihnen Tipps geben will. Miki, der eigentlich Dominik heißt, hat am Ende vier Tore erzielt und richtig Blut geleckt. "Das hat echt Spaß gemacht. Ich werde in einen Handball-Verein gehen", verspricht er. Jan Peveling kann sich schon mal warm anziehen.
