Der Winter hat sich abgemeldet

Homburg · Das Wetter kann es den Menschen ja nie recht machen. Aber ein Winter, der bisher diesen Namen nicht verdient, schlägt aufs Gemüt. Kurioserweise ist die Eiseskälte an der US-Ostküste daran schuld, dass bei uns die Sommerinsekten brummen.

 Wie oft haben wir in diesem Winter eigentlich mal die Windschutzscheibe freigekratzt? Das lässt sich an einer Hand abzählen. Foto: bub

Wie oft haben wir in diesem Winter eigentlich mal die Windschutzscheibe freigekratzt? Das lässt sich an einer Hand abzählen. Foto: bub

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 Minimal Schnee fiel im November am Höcherberg. Foto: Roth/SZ

Minimal Schnee fiel im November am Höcherberg. Foto: Roth/SZ

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. Im Norden der Vereinigten Staaten ist es kälter als am Südpol, die Leute dürfen nicht vor die Tür, weil ihnen bei minus 40 Grad Erfrierungen drohen. Zur gleichen Zeit macht unser Leser Rudi Bäsel aus Oberbexbach eine erstaunliche Entdeckung: "Heute früh hat sich ein glänzend schwarzer Käfer auf unsere Terrasse verirrt. Nach Recherche im Internet handelt es sich um einen männlichen Stierkäfer, Typhaeus typhoeus, etwa 20 Millimeter lang. Und das am 5. Januar 2014, mitten im Winter.", schreibt er in einer Mail an unsere Redaktion - und schickt gleich ein Foto des Käfers mit. Rudi Bäsel steht mit seiner Beobachtung nicht alleine.

In den Gärten treiben die Rosen, bei offenem Fenster kommen die Brummer in die Küche geflogen, gerade so, als seien wir im Spätsommer. In der Tat meldet die Wetterstation in Ensheim für heute milde sieben bis elf Grad, sogar Sonnenschein. Es weht schwacher Wind aus Süd-West, die Tendenz ist gleichbleibend.

Kurzum, das Wetter bleibt mild, der Winter fällt weiterhin aus. Das ist ungewohnt und nervt auch ein bisschen, wenn man sich in Homburg umhört. Die dicken Wintersachen bleiben im Schrank, die Lammfellstiefel ebenfalls, die Winterkleidung, obwohl reduziert, findet kaum Abnehmer. Denn wozu soll man sich dicke Sachen kaufen, wenn man sie gar nicht anziehen kann? Um sich für den nächsten Winter den Schrank vollzupacken?

Nun ist der Saarpfalz-Kreis noch ganz gut dran, weil hier niemand vom Wintersport lebt, noch nicht einmal die Sportgeschäfte. In anderen Regionen, vor allem in den nahen Mittelgebirgen, sieht es schon dramatischer aus: die Gäste bleiben weg. Nachfragen beim Deutschen Wetterdienst ergaben, dass sich auch in den kommenden Wochen kein richtiges Winterwetter einstellen wird, die Temperaturen nähern sich zwar am Wochenende der Null-Grad-Marke, aber mehr Kälte ist nicht drin.

Nun ist es ja einerseits ganz angenehm, die Scheiben des Autos nicht freikratzen oder mit dem Handfeger den Schnnee vom Autodach befördern zu müssen, aber ein Winter, der keiner ist, schlägt nicht nur aufs Gemüt, sondern macht auch den Förstern Sorgen. Denn allzu milde Winter böten beste Überlebenschancen für Schädlinge, insbesondere für den Borkenkäfer, war von Saarforst zu erfahren. Außerdem seien unsere heimischen Wälder durchaus auf Kälte eingestellt, vor allem die Fichten mögen es nicht gerne warm.

Der Deutsche Wetterdienst macht auf eine kuriose Wechselbeziehung aufmerksam: Während wir, im dünnen T-Shirt vor dem Fernseher angesichts der Nachrichten über die eisigen Schneestürme in Nordamerika schaudern, sind genau diese Schneestürme der Grund dafür, dass sich auf unserer Seite des Atlantiks einfach kein Winter einstellen will.

Denn so lange drüben an der US-Ostküste ein Tiefdruckgebiet das andere ablöst, wird auf der Vorderseite dieser Tiefs warme Luft aus dem Mittelmeer zu uns transportiert. Beim DWD gibt man sich nicht mit Kaffeesatzleserei ab und wagt deshalb auch keine Prognosen, die über eine Woche hinausgehen. Dennoch: Die Chance, dass es im Januar noch kalt wird, stehen schlecht. Vermutlich meldet sich der Winter gerade dann zurück, wenn die Fastnachter Anfang März dabei sind, ihn auszutreiben.

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