Der Amerika-Erklärer

Saarbrücken. Irgendwann vor dem Jahreswechsel hat sich Werner Kremp an seinen Schreibtisch unter einer US-Flagge und einer Amerika-Landkarte gesetzt und ein paar Gedanken zu Papier gebracht. Der 66-Jährige überlegte, wozu das kleine Saarland überhaupt ein Deutsch-Amerikanisches Institut (DAI) benötigt

 Werner Kremp an seinem Arbeitsplatz in Saarbrücken. Foto: Dietze

Werner Kremp an seinem Arbeitsplatz in Saarbrücken. Foto: Dietze

Saarbrücken. Irgendwann vor dem Jahreswechsel hat sich Werner Kremp an seinen Schreibtisch unter einer US-Flagge und einer Amerika-Landkarte gesetzt und ein paar Gedanken zu Papier gebracht. Der 66-Jährige überlegte, wozu das kleine Saarland überhaupt ein Deutsch-Amerikanisches Institut (DAI) benötigt. Der neue Direktor des DAI kam schnell zu dem Schluss: Nur zur Pflege der Beziehungen zu den gut 700 hier lebenden US-Bürgern jedenfalls sei die Einrichtung "in der Tat fast überflüssig".Kremp, der im Oktober die Nachfolge des im August gestorbenen DAI-Direktors Hartmut Gimmler antrat, hat deshalb ehrgeizige Pläne: Er will das Institut in der Saarbrücker Talstraße trotz bescheidener Mittel - der Jahresetat beträgt rund 110 000 Euro aus Spenden und staatlichen Zuschüssen - zu "einem wichtigen Teil der saarländischen Bildungs- und Kulturlandschaft" machen. Als seine Mission sieht Kremp "eine aufgeklärte Auseinandersetzung abseits von kritikloser Bewunderung und unreflektierter Ablehnung". Umfassend und sachlich, aber nicht leidenschaftslos soll diese Aufklärung sein. Vor allem junge Menschen will Kremp erreichen. Aus der Forschung sei bekannt, dass Rechts- und Linksextremismus mit Anti-Amerikanismus einhergingen. Daher folgert Kremp: "Wer Sympathie, auch kritische Sympathie, für Amerika hegt, ist in der Regel gegen rechts- oder linksextremistisches Gedankengut gefeit."

Kremp plant Workshops an Schulen, unter anderem zu moderner US-Musik oder den Präsidentschaftswahlen im November. In einem Wettbewerb sollen Oberstufenschüler außerdem historische Verbindungen zwischen dem Saarland und den USA herausarbeiten.

Man darf Kremp getrost als Glücksfall für das DAI bezeichnen - kaum jemand im Saarland kennt die USA so gut wie der umtriebige Riegelsberger. Aufgewachsen in Augsburg, kam Kremp nach dem Studium in München 1973 zur SPD-nahen Friedrich-Ebert-Stiftung nach Saarbrücken. Er veranstaltete USA-Seminare - und hielt Amerika in der hitzigen Nachrüstungsdebatte der 80er Jahre als einer der wenigen Sozialdemokraten die Stange. Nach seiner Habilitation über das Amerikabild der deutschen Sozialdemokratie an der Saar-Universität holte ihn der damalige rheinland-pfälzische Ministerpräsident Rudolf Scharping (SPD) 1992 in die Mainzer Staatskanzlei, um die Kontakte zu den US-Streitkräften in Pfalz und Eifel zu pflegen. 1996 baute Kremp die Atlantische Akademie in Kaiserslautern auf, die er bis 2010 leitete. Seine saarländischen Wurzeln - sein Vater war aus Niederlinxweiler nach Bayern ausgewandert - hört man Kremp nicht an. Er klingt bayerisch - und doch wie ein überzeugter Saarländer, wenn er auf einen Unterschied zwischen Deutschland und Amerika zu sprechen kommt: "Kein Mensch käme in den USA auf die Idee, kleine Bundesstaaten abzuschaffen."

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