Auf dem Winterberg wird auch gelernt

Saarbrücken. Lars sitzt auf seinem Bett in der Kinderklinik des Klinikums Saarbrücken. Mit einem Laptop löst der zwölfjährige Schüler gerade eine Erdkunde-Aufgabe. Angeleitet und betreut wird er dabei von Andrea Lupp. Die 49-jährige Grund- und Hauptschulpädagogin ist seit gut einem Jahr für die "Schule im Krankenhaus" verantwortlich

Saarbrücken. Lars sitzt auf seinem Bett in der Kinderklinik des Klinikums Saarbrücken. Mit einem Laptop löst der zwölfjährige Schüler gerade eine Erdkunde-Aufgabe. Angeleitet und betreut wird er dabei von Andrea Lupp. Die 49-jährige Grund- und Hauptschulpädagogin ist seit gut einem Jahr für die "Schule im Krankenhaus" verantwortlich. "An drei Tagen in der Woche arbeite ich hier auf dem Winterberg, sonst in der Kinder- und Jugendpsychiatrie in Kleinblittersdorf", erzählt die Lehrerin, die in einem kleinen roten Wägelchen ihre Unterrichtsmaterialien durchs Krankenhaus transportiert. "Morgens gehe ich durch die Zimmer und schaue, was ich den Kindern anbieten kann." Denn der Unterricht im Krankenzimmer ist freiwillig und stark abhängig vom Gesundheitszustand der Kinder. Wichtig für die Pädagogin ist daher die Zusammenarbeit mit Ärzten und Pflegepersonal. "In erster Linie sind die Kinder hier, um gesund zu werden. Der Unterricht kommt erst danach", sagt Andrea Lupp. "Erst wenn der Arzt seine Zustimmung gibt, gehe ich hin." Die Kinder sollen durch ihre Erkrankung nicht auch noch zusätzlich einen Nachteil in der Schule haben und nach ihrer Entlassung direkt wieder in den normalen Unterricht einsteigen können. Dreieinhalb Wochen musste der zwölfjährige Lars im Klinikum bleiben. Eine bakterielle Infektion erforderte eine Hüftoperation. "Es ist natürlich nicht so wie in der Schule, aber es hat schon auch Spaß gemacht", lobt der junge Patient den Krankenhausunterricht. "Der Stoff ist der gleiche, wie in meiner Klasse." Andrea Lupp sucht gerade bei längerfristigen Erkrankungen auch den Kontakt zu den Klassenlehrern und Schulleitern: "Viel läuft da über Fax und Mailbox, aber die Zusammenarbeit ist gut." Sogar Tests und Klassenarbeiten können in Absprache auf der Station geschrieben werden. "Das machen wir aber nur, wenn wir uns ein erfolgreiches Abschneiden erhoffen", sagt die Krankenhauslehrerin dazu. Nach der Entlassung werden Berichte über den Krankenhausunterricht an die jeweiligen Schulen geschickt. Die Arbeit mit kranken Kindern hat Andrea Lupp schon immer begeistert. Direkt nach dem Referendariat arbeitete sie bereits in der Uniklinik Homburg. Der tägliche Umgang mit Krankheit lässt sie aber noch heute nicht kalt: "Sicher nimmt man da einiges mit nach Hause. Besonders schwer haben es da die Kollegen auf der Onkologie, der Krebsstation. Wir haben es meist mit verunglückten Kindern zu tun." Die Freude ihrer Schützlinge am gemeinsamen Lernen gleicht die emotionale Zusatzbelastung aber wieder aus. "Gerade Grundschüler stehen schon morgens an der Zimmertür und warten auf mich. Das freut mich dann natürlich ganz besonders."

HintergrundUm Kinder, die wegen längerfristiger Erkrankungen die Schule nicht besuchen können, kümmert sich im Saarland der Landesbeauftragte für Krankenhaus- und Hausunterricht beim Bildungsministerium. Der heißt Peter Scheller und betreut mit seinem 26-köpfigen Kollegium sowie rund 80 weiteren Lehrerinnen und Lehrern derzeit täglich rund 190 Kinder. Davon werden 150 in Krankenhäusern, der Rest zu Hause unterrichtet. "Die Zahl der chronischen Krankheiten bei Kindern und Jugendlichen steigt und daher auch der Bedarf an Unterricht", sagt Scheller. "Im kommenden Jahr soll ein Berufsschullehrer das Team verstärken, damit wir den Unterricht aller Schulformen abdecken können." Anspruch auf Hausunterricht haben Kinder und Jugendliche, die laut ärztlichem Attest mindestens sechs Wochen die Schule nicht besuchen können. cor

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