Verkehrs-Revolution in Bubenhauser Mitte?

Zweibrücken · Autos, Laster, Fahrradfahrer und Fußgänger sollen zwischen dem Bubenhauser Brunnenplatz und dem ASB-Gebäude künftig eine einheitliche Verkehrsfläche nutzen, um die Ortsmitte aufzuwerten. Das sieht das Grobkonzept „Soziale Stadt“ vor. Bei Experten stoßen solche „Shared Spaces“ nicht nur auf Zustimmung.

 In Bubenhausen könnte es in der Ortsmitte in der Friedrich-Ebert-Straße zwischen ASB-Gebäude (von hier entstand obiges Foto) und der Kreuzung zur Hohlstraße am Brunnenplatz bald ähnlich aussehen wie im niedersächsischen Bohmte (Bild unten). Foto: Lutz Fröhlich

In Bubenhausen könnte es in der Ortsmitte in der Friedrich-Ebert-Straße zwischen ASB-Gebäude (von hier entstand obiges Foto) und der Kreuzung zur Hohlstraße am Brunnenplatz bald ähnlich aussehen wie im niedersächsischen Bohmte (Bild unten). Foto: Lutz Fröhlich

Foto: Lutz Fröhlich

Ein wichtiges Element der Vorschläge für das Förderprogramm "Soziale Stadt" (wir berichteten) dürfte in Zweibrücken für viele Diskussionen sorgen: eine "Mischverkehrsfläche" im Herzen Bubenhausens. Denn solche Mischverkehrsflächen ("Shared Spaces") sind in Deutschland noch kaum verbreitet - wo sie aber installiert wurden, ist das Für und Wider hochumstritten.

Shared Space ("gemeinsam genutzter Raum") ist die weiter verbreitete Bezeichnung für Straßen und/oder Plätze, in denen Ampeln, Verkehrsschilder, Fahrbahnmarkierungen und Bürgersteige mehr oder weniger abgeschafft sind - und stattdessen eine einheitliche Verkehrsfläche für Kraftfahrzeuge, Radler und Fußgänger geschaffen wird, oft mit einer Geschwindigkeitsbeschränkung auf 20 km/h. Die Idee dahinter: Die Abschaffung klarer Regeln soll dazu führen, dass die Verkehrsteilnehmer mehr Rücksicht aufeinander nehmen und langsamer fahren - was die Aufenthalts- und Lebensqualität in dem Bereich erhöht.

Den auswärtigen Stadtplanern, die das Grobkonzept "Soziale Stadt" für Zweibrücken erstellt haben, ist in der Bubenhauser Ortsdurchfahrt, der Friedrich-Ebert-Straße, "mangelnde Aufenthaltsqualität des öffentlichen Raums" aufgefallen - diese trage auch mit dazu bei, dass dort viele Geschäfte leerstehen. Die Erreichbarkeit der Läden sei "zwar fußläufig oder mit dem Rad gegeben, entspricht jedoch keinesfalls den Anforderungen, die an eine fußgänger- und fahrradfreundliche, geschweige denn barrierefreie Gestaltung öffentlicher Räume zu stellen sind". Das Stadtberatungsbüro Sven Fries und die Landschaftsarchitekten Bierbaum/Aichele schlagen in ihrem Grobkonzept vor, den Brunnenplatz an der Einmündung der Hohlstraße in die Friedrich-Ebert-Straße "stärker in den öffentlichen Raum einzubeziehen". Dazu könne die Friedrich-Ebert-Straße vom Brunnenplatz bis zum ASB-Gebäude "als Mischverkehrsfläche gestaltet werden". Dadurch würde "der Ortsmittelpunkt zum einen verkehrsberuhigt und zum anderen für Fußgänger und Radfahrer attraktiver". Eine "Gestaltung der platzartigen Aufweitungen als Raum für Begegnung und Kommunikation mit Baumpflanzungen, Sitzplätzen etc." könne die Aufenthaltsqualität verbessern.

Leerstände beseitigen

Durch diese und weitere vorgeschlagene Maßnahmen zur Aufwertung des öffentlichen Raumes "soll auch das Investitionsklima für die privaten Hauseigentümer angeregt werden, ihre Gebäude zu sanieren, instand zu setzen und somit auch Leerstände infolge baulicher oder struktureller Mängel zu beseitigen".

Das Grobkonzept "Soziale Stadt" enthält ausdrücklich nur erste Vorschläge, die - auch durch versprochene intensive Bürgerbeteiligung - noch verändert werden können.

Verkehr ohne Regeln - das dürfte für manche nach Anarchie klingt. Andererseits setzt es den ersten Satz der deutschen Straßenverkehrsordnung konsequent um: "Die Teilnahme am Straßenverkehr erfordert ständige Vorsicht und gegenseitige Rücksicht."

Gewinner oder Verlierer?

Wie das in der Praxis funktioniert, darüber gehen die Meinungen bei betroffenen Bürgern ebenso wie bei Verkehrsexperten auseinander, lässt sich eine Merkur-Internetrecherche zusammenfassen. Die einen sehen Fußgänger und Radfahrer durch das Bremsen des motorisierten Verkehrs als Gewinner - die anderen als Verlierer, weil gerade die schwächsten Verkehrsteilnehmer durch klare Regeln geschützt würden. Diese Diskussion ist besonders deshalb relevant, weil - wie womöglich in Bubenhausen - gerade Durchgangsstraßen mit vielen querenden Passanten ein Haupteinsatzbereich von Shared Space sind.

Umsetzung entscheidend

Während in den Niederlanden Shared Spaces weit verbreitet sind, gibt es in Deutschland bislang nur wenige Modelle, Vorreiter ist das niedersächsische Bohmte, wo 2007 der Schilderwald in der Durchgangsstraße entfernt wurde. Während die Kommune den Gewinn an Aufenthaltsqualität und den verbesserten Verkehrsfluss preist und laut einer repräsentativen Umfrage die Mehrheit der Bürger schilderlos glücklich ist, sind unter anderem der ADAC und die "Unfallforschung der Versicherer" skeptisch: Die Zahl der Unfälle in Bohmte habe sich erhöht.

Einig sind sich viele Experten: Der Erfolg hängt von der Art der Umsetzung ab. Bei kluger Planung seien klare städtebauliche Gewinne zumindest ohne Verluste bei der Verkehrssicherheit möglich.

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