Prozess gegen Pirmasenserin am Landgericht Zweibrücken 45 Messerstiche wegen „Schnuripuri“?

Zweibrücken/Pirmasens · Dritter Tag des Sicherungsverfahrens in Zweibrücken: 31-jährige Pirmasenserin soll in die Psychiatrie.

Foto: dpa/Uwe Anspach

„Schnuripuri“ soll ihr Lebensgefährte jedes Kind genannt haben, das er missbrauchen wollte. Das hatte die 31-jährige Pirmasenserin bereits unmittelbar nach der Bluttat im Amtsgericht Zweibrücken zu Protokoll gegeben, als ihr Richterin Elke Hauptmann den Befehl für die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus eröffnete. Die 59-Jährige, die am Freitag von der Ersten Strafkammer des Landgerichts Zweibrücken als Zeugin gehört wurde, hatte offenbar dringende Gründe für die Annahme gesehen, dass die Pirmasenserin ihren Lebensgefährten im Zustand der Schuldunfähigkeit erstach. Sie soll ihren Partner, wie Gerichtsmediziner später feststellten, mit 45 Messerstichen getötet haben.

Wegen dieser Bluttat muss sich die junge Frau nun in einem Sicherungsverfahren im Landgericht Zweibrücken verantworten, das mit ihrer dauerhaften Unterbringung in einer forensischen Psychiatrie ausgehen könnte. Die Staatsanwaltschaft wirft ihr Totschlag vor. Demnach soll sie ihren 58-jährigen Lebensgefährten am Abend des 28. Juli 2019 in dessen Wohnung in der Pirmasenser Hauptstraße mit zwei Küchenmessern am ganzen Körper so schwer verletzt haben, dass er noch an Ort und Stelle starb. Gegenüber der Amtsrichterin hatte sie, wie bereits bei ihren Vernehmungen bei der Pirmasenser Polizei, wo sie sich am Folgetag selbst angezeigt hatte, den Tathergang aus ihrer Sicht geschildert. So berichtete sie von einer Frau, die an diesem Tag in der Pirmasenser Fußgängerzone ihre Kinder gesucht und dabei auf jenes Haus gezeigt habe, in dem sie seit wenigen Wochen gemeinsam mit ihrem Lebensgefährten wohnte. Sie erzählte, sich gemeinsam mit Bekannten und einem Ausländer mit Lockenkopf dann an der Suche nach den Kindern beteiligt zu haben. Ein älterer Herr soll ihr dabei den möglichen Kindesentführer beschrieben, seine Beschreibung auf ihren Lebensgefährten gepasst haben. Schließlich will sie aus dem Keller besagten Hauses Kinder schreien gehört haben und nach oben in die gemeinsame Wohnung geeilt sein, um einen Schlüssel für die verschlossene Kellertür zu holen. In der Wohnung will sie den 58-Jährigen erwischt haben, als er sich gerade an einem neunjährigen „Schnuripuri“ verging. Sie will ihren Lebensgefährten daraufhin beschimpft und ihm vorgeworfen haben, auch sie im Kindesalter missbraucht und ihren Sohn vergewaltigt zu haben. Schließlich habe sie sich mehrere Messer aus dem Flur und der Küche geholt. Gegenüber der Amtsrichterin sagte sie: „Ich schätze, dass ich 15 Mal zugestochen habe.“

Jedoch sind bis heute weder die angeblich ihre Kinder suchende Frau, der ältere Herr, der Ausländer mit dem Lockenkopf noch der missbrauchte Neunjährige auffindbar. Und selbst einer jener Bekannten, mit denen sie gemeinsam nach den vermissten Kindern in der Pirmasenser Fußgängerzone gesucht haben will, gab am Freitag im Zeugenstand an, die 31-Jährige zwar „flüchtig“ zu kennen, aber, entgegen ihrer Behauptung, nie mit ihr gemeinsam vermisste Kindern gesucht zu haben. Sie habe ihm lediglich einmal erzählt, dass ihr Lebensgefährte Jungen missbrauche, sagte der 30-Jährige. Allerdings gibt es bislang keinerlei Hinweise auf pädophile Neigungen ihres früheren Lebenspartners.

War die Bluttat die Folge eines Traumas, unter dem die 31-Jährige leidet? Brach es sich am 28. Juli 2019 durch einen – nachgewiesen - starken Drogenkonsum Bahn? Möglich. Denn die Beschuldigte soll nach ihren und nach Aussagen von Zeugen im Alter von 14 Jahren von einem früheren Lebensgefährten ihrer Mutter mindestens unsittlich berührt, wenn nicht gar vergewaltigt worden sein.

Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass die Pirmasenserin „im Zustand einer erkrankungsbedingten Schuldunfähigkeit“ handelte. Denn die Beschuldigte leide unter einer „akuten paranoid-halluzinatorischen Psychose“, wie es in der Antragsschrift hieß.

Gleichwohl muss sie sich nun in einem sogenannten Sicherungsverfahren verantworten. Es ähnelt einem Strafverfahren, in dem sowohl Zeugen, Gutachter, Sachverständige und der Beschuldigte selbst gehört werden. Jedoch beantragt die Staatsanwaltschaft dabei keine Freiheitsstrafe, sondern die Unterbringung in einer forensischen Psychiatrie – so auch im Falle der 31-jährigen Pirmasenserin. Sollte sich allerdings während der Verhandlung herausstellen, dass der Beschuldigte doch ganz oder teilweise schuldfähig ist, kann das Sicherungsverfahren in ein Strafverfahren umgewandelt werden. Dann könnte auch eine mehrjährige Freiheitsstrafe verhängt werden. Für Totschlag sieht das Strafrecht eine Mindeststrafe von fünf Jahren vor, in besonders schweren Fällen sogar lebenslange Haft.

Fortgesetzt wird die Verhandlung am Dienstag, 21. Januar, 9 Uhr.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort