Selbsthilfegruppe Hartz IV Zweibrücken und Umgebung Hilfe für arme Menschen ohne Lobby

Zweibrücken · Die Selbsthilfegruppe Hartz IV Zweibrücken und Umgebung kümmert sich auch nach dem Tod von Bernhard Schneider um Bezieher von Arbeitslosengeld 2.

 Andreas Schneider und Matthias Nunold (von links) vor der Zweibrücker Geschäftsstelle der Hartz IV-Selbsthilfegruppe. Der Verein lebt von den Beiträgen seiner 25 Mitglieder und von Spenden einiger Zweibrücker Unternehmen.

Andreas Schneider und Matthias Nunold (von links) vor der Zweibrücker Geschäftsstelle der Hartz IV-Selbsthilfegruppe. Der Verein lebt von den Beiträgen seiner 25 Mitglieder und von Spenden einiger Zweibrücker Unternehmen.

Foto: Susanne Lilischkis

Die Selbsthilfegruppe Hartz IV wurde 2009 von Andreas Scheider und seiner damaligen Frau Katja gegründet. Man traf sich im Café Löhle. Inzwischen ist die Selbsthilfe zum eingetragenen Verein geworden, mit eigenen Räumen in der Fruchtmarktstraße 23.

Nach dem Tod des langjährigen Vorsitzenden Bernhard Schneider letzten Herbst führt nun Matthias Nunold den Verein als kommissarischer Vorsitzender. „Ich möchte, dass es mit dem Verein weitergeht“, sagt der Ex-Stadtrat: „Bernhard Schneider hat etwas Großes aufgebaut und wir haben in all den Jahren für die Betroffenen viel geleistet.“

Die Bilanz des Vereins kann sich sehen lassen: 2019 wurden 484 Beratungsgespräche geführt und 30 Menschen zum Jobcenter begleitet. „Manche Betroffene haben Schwierigkeiten, sich zu artikulieren, zum Beispiel wenn sie Analphabeten sind. Die begleite ich zum Jobcenter und wir klären das vor Ort. Dann wird auch manchmal Tacheles geredet“, sagt Andreas Schneider (nicht verwandt mit Bernhard Schneider). Er führt die Beratungsgespräche und ist beinahe rund um die Uhr für Betroffene da. Es kann sein, dass er spät abends noch Anrufe kriegt von verzweifelten Menschen, die einen Brief vom Jobcenter bekommen haben. „Am ersten Januar hat hier schon das Telefon geklingelt“, bemerkt Schneider, „wir sind die einzige Hartz IV Selbsthilfegruppe in Rheinland-Pfalz und im Saarland“.

Zu den Mitarbeitern des Jobcenters pflegt Andreas Schneider einen guten Kontakt, oft können Probleme schon bei einem Telefongespräch mit den jeweiligen Sachbearbeitern geklärt werden. „Das Jobcenter ist manchmal froh, wenn wir uns melden“, erklärt Schneider, „durch unsere Vorarbeit verkürzt sich die Beratungszeit vor Ort“.

Zahlen müssen die Betroffenen nichts, auch Vereinsmitglied muss man nicht werden, um Hilfe in Anspruch nehmen zu können. Der Verein lebt von den Beiträgen seiner 25 Mitglieder und von Spenden einiger Zweibrücker Unternehmen. Von der Stadt oder vom Land bekommt der Verein keinerlei Zuschüsse. „Hartz IV hat eben keine Lobby“, sagt Matthias Nunold bitter. In diesem Zusammenhang verweist er auf den Sozialausweis der Stadt Zweibrücken, den er, (damals noch als Linker) im Stadtrat durchgesetzt habe.

Doch die hoch verschuldete Stadt hatte später den Sozialausweis für Erwachsene aus Spargründen gestrichen – und deshalb kommen heute nur noch Kinder bis zum 18. Lebensjahr in dessen Genuss.

Etwa 2000 Bedarfsgemeinschaften, die Alg 2-Leistungen gibt es in Zweibrücken. Das bedeutet: Die Kosten für eine angemessene, nicht zu große Wohnung werden übernommen, 432 Euro haben die Betroffenen zum Leben zur Verfügung. Zu wenig, findet Andreas Schneider: „Davon muss auch noch der Strom bezahlt werden, der jetzt gerade wieder teurer wird. Und die Inflation frisst das alles auf. Manchmal denke ich, dass die Politiker sich keine Vorstellung davon machen, was mit den Betroffenen passiert, wenn sie ein Gesetz verändern.“

Und der Frust, der sich bei den Hartz-IV-Beziehern aufbaut, bekommen die Mitarbeiter der Selbsthilfe dann im Beratungsgespräch zu spüren. Keine leichte Arbeit also, die der Verein leistet. Um so mehr freut man sich dort über neue Mitglieder oder Spenden.

Hartz IV Selbsthilfegruppe, Fruchtmarktstraße 23 in Zweibrücken, Telefon (0 63 32) 5 66 69 44, Öffnungszeiten: Montag und Freitag 9 bis 12 Uhr, Dienstag und Donnerstag 14 bis 17 Uhr sowie nach Vereinbarung. Infos auch auf www.hartz-zw.de.

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