Jeder dritte Job betroffen IG Bau kritisiert „Schieflage“ am Zweibrücker Arbeitsmarkt

Zweibrücken · Gewerkschaft: 6300 Menschen in der Rosenstadt sind prekär beschäftigt. Politik wird aufgefordert, gegenzusteuern.

Rund 6300 Menschen in Zweibrücken arbeiten in Teilzeit, Leiharbeit oder haben einen Minijob als alleiniges Einkommen. „Damit ist der Anteil der so genannten atypischen Beschäftigung an allen Arbeitsverhältnissen im vergangenen Jahr auf einen Rekordwert von 36 Prozent gestiegen“, kritisierte die IG Bauen-Agrar-Umwelt (IG Bau) gestern in einer Pressemitteilung. Die Gewerkschaft beruft sich hierbei auf eine aktuelle Studie der Hans-Böckler-Stiftung, die die Entwicklung am Zweibrücker Arbeitsmarkt seit dem Jahr 2003 untersucht hat. Damals lag die Quote atypischer Jobs noch bei 28 Prozent.

IG-Bau-Bezirkschefin Marina Rimkus spricht von einem „Alarmsignal an die Politik“: „Es kann nicht sein, dass wir einerseits einen wirtschaftlichen Aufschwung erleben, aber andererseits so viele Menschen in prekären Verhältnissen arbeiten“, sagt Rimkus. Hier sei „grundsätzlich etwas in Schieflage geraten“. Der unbefristete Vollzeit-Job müsse dringend wieder zum Normalfall werden, fordert die IG Bau Süd-West-Pfalz.

Laut der Böckler-Stiftung hat in Zweibrücken besonders die Teilzeit-Beschäftigung drastisch zugenommen: Arbeiteten 2003 noch etwa 2200 Erwerbstätige in Teilzeit, waren es 2016 bereits rund 3600 – ein Anstieg von 61 Prozent. „Gerade für Frauen ist es nach einer Familienpause enorm schwer, wieder voll in den Beruf einzusteigen. Gegen die Teilzeit-Falle brauchen wir endlich ein verbrieftes Rückkehrrecht in Vollzeit“, ist Marina Rimkus überzeugt. Ein entsprechender Gesetzentwurf der Bundesarbeitsministerin war im Frühjahr am Widerstand der Union gescheitert.

Auch bei Minijobs gibt es der Studie zufolge keine Entwarnung: Rund 2400 Menschen in der Stadt waren 2016 ausschließlich geringfügig beschäftigt (2003: 2100). In der Gebäudereinigung machten Minijobs mittlerweile die Hälfte aller Arbeitsplätze aus, berichtet Gewerkschafterin Rimkus. Auch hier seien es meist Frauen, die nach einem Jobverlust oder einer Trennung oft schnell in Hartz IV abrutschten.

Sie fordert von den Parteien Konzepte „gegen die Unwucht am Arbeitsmarkt“. Dazu müsse die Abschaffung der Befristungen ohne sachlichen Grund genauso gehören wie die Einbeziehung von Minijobs in die Sozialversicherung. „Dabei sind auch die Arbeitgeber in der Pflicht. Statt aufs Billig-Prinzip sollten Chefs auf Kontinuität setzen“, so Rimkus. Wer heute vollwertige Stellen schaffe, brauche sich morgen nicht um fehlende Fachkräfte sorgen.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort