Flüchtlinge quer über Stadt verteilt

Zweibrücken · Schon jetzt sind über 200 Flüchtlinge in Zweibrücken – eine Zahl, die die Stadtverwaltung noch vor zwei Wochen erst für das Jahresende erwartet hatte. Doch bei der Unterbringung gibt es weiterhin keine Probleme. Vor allem dank der Gewobau.

"Erwarten Sie keine Voraussagen von mir - morgen kann schon wieder alles ganz anders sein." Sozialamtsleiterin Birgit Heintz hat derzeit alle Hände voll zu tun, um Flüchtlinge in Zweibrücken unterzubringen. Denn die Zahlen steigen, schneller als erwartet. Erst Anfang September hatte die Stadt im Merkur geschätzt, bis Jahresende würden sicher über 200 Flüchtlinge in Zweibrücken leben. Gestern waren es laut Heintz schon 207, bis Monatsende würden es 220. Aufgrund des Verteilschlüssels - Zweibrücken nimmt 0,9 Prozent der Flüchtlinge in Rheinland-Pfalz auf - kämen pro Monat rund 30 hinzu - derzeit.

Bei der Unterbringung gebe es aber noch keine Probleme: Alle Flüchtlinge werden in Wohnungen der Stadt-Tochter Gewobau untergebracht. Erst wenn Flüchtlinge (meist nach fünf bis sechs Monaten) einen Aufenthaltstitel bekommen haben, werden sie auch in Privatwohnungen vermittelt.

Dabei ist die Bereitschaft vieler Zweibrücker groß, an Flüchtlinge zu vermieten: Heintz bekommt "mindestens ein, zwei Angebote jede Woche". Geworden sei daraus aber nichts, zumindest unter Vermittlung des Sozialamts - denn rechtlich sei Vorgabe, dass Mieter sich keine Flüchtlinge aussuchen können, sondern diese zugewiesen bekommen.

Die meisten Zweibrücker Flüchtlinge kämen vom Westbalkan, vor Syrien und Eritrea. Familien würden zusammen untergebracht, Einzelpersonen in Wohngemeinschaften.

Von "momentan keinen Engpässen" berichtet auch Gewobau-Geschäftsführer Rolf Holzmann . Derzeit seien rund 20 zuvor leerstehende Gewobau-Wohnungen mit Flüchtlingen belegt, im Schnitt vier bis fünf Personen. Wie Heintz betont Holzmann , dass die Flüchtlinge "querbeet" durch die Stadt verteilt wurden anstatt diese in bestimmten Bereichen zu konzentrieren, um die Integration zu fördern. Die Gewobau habe auch noch weitere Kapazitäten. Timo Arnold, Flüchtlingsberater beim Diakonischen Werk, lobt es als "sehr gut", die Flüchtlinge dezentral unterzubringen und nicht nur in sozialen Brennpunkten mit Leerständen. Denn auch die Nachbarschaft trage zum Gelingen der Integration in die deutsche Gesellschaft bei. Etwa durch die Notwendigkeit zur Verständigung. "Aber auch kulturell gleicht man sich seinem Umfeld an, das fängt bei der Mülltrennung an." Bei der Flüchtlingswelle Anfang der 90er-Jahre habe es in vielen Städten, darunter Pirmasens, "eine Ghettobildung gegeben, daraus hat man viel gelernt".

Probleme zwischen Flüchtlingen und/oder Vermietern gebe es heute nur vereinzelt, berichten Heintz, Holzmann und Arnold. Der Flüchtlingsberater: "Da prallen schon mal Kulturen aufeinander, die Leute müssen sich aneinander gewöhnen. Normalerweise ist das aber gut klärbar, denn die Flüchtlinge haben andere Probleme, als ihre Kultur auszuleben." Probleme tauchten etwa auf, wenn Christen und Moslems aus Ägypten oder Syrien zusammenwohnten (was laut Heintz in Zweibrücken aber zu vermeiden versucht wird). Arnold, der neben Zweibrücken auch für Pirmasens und die Südwestpfalz zuständig ist, wo mehr Flüchtlinge privat untergebracht sind, nennt ein Beispiel: "In einem Fall hat eine Vermieterin sich mit den beiden Parteien an einen Tisch gesetzt und gesagt: Hier herrscht Toleranz!" Danach habe es keine Probleme mehr gegeben.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort