Ein Sieger und viele Verlierer

Meinung · Traditionell gibt es nach jeder Wahl viele Sieger. Zumindest aus Sicht der jeweils angetretenen Parteien oder Kandidaten, die uns Wählern nach dem Urnengang dieses immer wieder einzuimpfen versuchen

Traditionell gibt es nach jeder Wahl viele Sieger. Zumindest aus Sicht der jeweils angetretenen Parteien oder Kandidaten, die uns Wählern nach dem Urnengang dieses immer wieder einzuimpfen versuchen. Sollte im konkreten Fall der gestrigen Oberbürgermeisterwahl in Zweibrücken auch nur ansatzweise jemand neben dem triumphalen Wahlsieger Kurt Pirmann (und natürlich der SPD) die Floskel des Wahlerfolges in den Mund nehmen, so sind Zweifel an dessen Realitätssinn sicherlich angebracht.Der 4. September hat nur einen Sieger gesehen: Kurt Pirmann, an dessen Erfolg man angesichts der persönlichen Grundausstattung wie auch seines engagierten und überzeugenden Wahlkampfes nicht zweifeln durfte. Er ist einer, der anpacken kann und der mitreißt. Und genau dieses Bild hat er seinen Wählern authentisch rübergebracht. Nicht mehr, nicht weniger. Aber mit dieser Melange aus Ehrlichkeit, Offenheit und Bodenhaftung kann man punkten. Als Roter im roten Zweibrücken allzumal.

Gegen Pirmann konnte der noch amtierende Verwaltungschef Helmut Reichling eigentlich von Beginn an nur wie der zweite Sieger aussehen. Und der ist bekanntlich der erste Verlierer. Reichling, der beileibe in der Vergangenheit nicht alles falsch gemacht und nicht alle enttäuscht hat, ist es zu keiner Phase gelungen, den Frust der Zweibrücker über seine noch laufende Amtszeit zu überspielen. Messiasgleich aufgestiegen bei der Wahl 2003, wurde er nun abgestraft. Seine Tragik ist, dass er nicht mal eine Alternative zum Scheitern hatte. Als ob er es geahnt hätte, hatte sich der Visionär in der Wahrnehmung vieler frühzeitig aus dem Wahlkampf verabschiedet.

Andere hatten ihn erst gar nicht so recht eröffnet, den Wahlkampf oder den Kampf um den Wähler. Allen voran die CDU, die mit einem desaströsen Ergebnis für ihre aus der Not und den politisch-taktischen Spielchen geborene Kandidatin Evelyn Cleemann die erwartete Quittung erhalten hat. Volkspartei ist die CDU in Zweibrücken derzeit nicht mehr. Persönliches Karrieredenken, eine Armada verheizter Kandidaten, fehlender Mut und eine für die Herausforderungen der Zukunft noch nicht geordnete Spitze kennzeichnen den augenblicklich bemitleidenswerten Auftritt der Christdemokraten. Da mutet es wie ein Treppenwitz der Geschichte an, wenn ausgerechnet ein CDU-Mann vom wahrscheinlich zum Jahresende anstehenden Ausscheiden des bisherigen Bürgermeisters Heinz Heller (SPD) profitieren und diesem im Amt nachfolgen würde - auch wenn dies in der langen Zweibrücker Lokalpolitik geübte Praxis ist.

Stichwort Lokalpolitik: Die dürfte der Wahlerfolg Kurt Pirmanns beflügeln. Im Rat der Rosenstadt könnte nach Jahren der Lethargie, der persönlichen Scharmützel und der grotesken Ränkespiele wieder einmal die Sacharbeit im Vordergrund stehen. Dann wäre der Sieg Pirmanns ein Sieg für die Stadt, die kreative Kommunalpolitiker unter der Führung erfahrener Verwaltungsprofis verdient hat. Beziehungsweise diese bitter notwendig hat.

Die Chance darauf, dass sich etwas bewegt, überdeckt denn auch die Enttäuschung über die erschreckend geringe Wahlbeteiligung, die im Vergleich zum letzten Urnengang noch einmal gefallen ist. Eine Momentaufnahme, die einen bitteren Beigeschmack auf den gestrigen Sonntag wirft.

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