Im Laden von Erika Kohl ist es leer geworden. Gardinen und ein paar Hängefiguren zieren das einst bunt geschmückte Schaufenster. Daneben formen kleine grüne Lämpchen blinkend ein einziges Wort: "Geöffnet". Ab heute bleiben auch diese Lämpchen aus, denn gestern ist Kohls letzter Tag in ihrem kleinen Kostümverleih, den sie über 40 Jahre lang betrieben hat. Drinnen helfen ihr gerade zwei Freundinnen, die ihr an diesem letzten Tag zur Seite stehen, den runden Tisch abzuräumen. Eine der beiden hat Heringe mitgebracht, schließlich ist Aschermittwoch und wenigstens an diesem letzten Tag, soll ein gemeinsames Mittagessen etwas Besonderes sein. "Am letzten Tag werden wir es uns noch gemütlich machen", sagt Erika Kohl und nimmt mit einem Cappuccino am runden Tisch platz. Wer je in ihren Kostümverleih hineingeschaut hat, weiß, dass dieser Tisch mindestens so sehr zum Laden gehört, wie die Inhaberin selbst. Durch das ganze Geschäft ist er gewandert, er diente als Beratungstisch, zur Ablage der Kataloge, zum Kartenspielen, wenn mal nicht so viel los war.

An diesem Tisch sitzt sie darum auch am Aschermittwoch, während die Regale um sie herum leerer und die Kleiderstangen lichter geworden sind. Dazwischen springt sie auf, um die Menschen zu beraten, die den letzten Tag nutzen, um eines der reduzierten Kostüme zu kaufen. Die Entscheidung zum Schließen war in erster Linie eine Altersentscheidung, Erika Kohl wird in diesem Jahr 72 Jahre alt. Als sie vor 43 Jahren damit begann, schneiderte sie noch selbst Kostüme für ihre vier Kinder. Als die Nachfrage zunahm und Erwachsene Interesse bekundeten, fuhr sie auf eine Messe und entschloss sich, Kostüme zu verleihen. Diese bot sie neben ihrer Wäscherei lange Zeit zweigleisig an, ehe die Kostüme aus dem Wohnraum weichen und anstelle der Wäscherei in deren Räume ziehen mussten, wo sie auch heute noch untergebracht sind. Später betrieb sie ihren Kostümverleih bis zu einem Alter von 61 Jahren neben ihrer Arbeit, der sie acht Stunden am Tag nachging. An diesem letzten Tag ist sie gespannt, wer noch alles bei ihr vorbeischaut, bevor sie um 20 Uhr endgültig die Tür abschließt. Zurück bleiben viele Jahre, die ihr besonders durch "die Lustigkeit der Leute" in Erinnerung bleiben wird. "Es war immer Stimmung hier drin", erzählt sie grinsend. Wie es mit dem Rest der Kostüme weitergeht, weiß sie selbst noch nicht so genau. Aber eines ist klar: der runde Tisch, der bleibt! Denn wenn der Antrag genehmigt wird, will Erika Kohl in ihr Ladengeschäft ziehen und es sich in ihrem wohlverdienten Ruhestand hier gemütlich machen.