Triumph über Alkohol und Cannabis

Zweibrücken · Ein Schicksalsschlag hat sie aus der Bahn geworfen, aber sie sind wieder aufgestanden und machen damit anderen Leuten Mut. In der Serie „Mutmacher“ stellt der Pfälzische Merkur solche Menschen vor. Heute: Charlie Müller.

 Von den Drogen losgekommen: Charlie Müller. Foto: nlg

Von den Drogen losgekommen: Charlie Müller. Foto: nlg

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Mit sechs Jahren die erste Zigarette, mit acht der erste Alkoholrausch, ab 15 Kiffen und mit 49 Jahren am Scheideweg: "Das geht so nicht weiter!" Der Sucht sagte er 2015 den lebensverändernden Kampf an. Über 35 Jahre Drogen- und Alkoholsucht lautete da die traurige Bilanz von Charlie Müller. "Ich weiß nicht, wieso, aber ich konnte, irgendwann nicht mehr damit aufhören", erzählt Müller heute von seinem ersten Drogenrausch. Zunächst war es Neugier, bis zu dem Cannabis härtere Drogen dazukamen. Mit dem Trinken hatte er zunächst in der Clique angefangen, später brauchte er den Alkohol ständig. Ohne es wahrzunehmen, manifestierte sich die Sucht still und leise, bis er sich eines Tages selbst eingestehen musste, dass um sechs Uhr morgens bereits die Hände zitterten und sich in seinem Kopf alles nur noch um den nächsten Schluck Alkohol drehte. Hinzu kamen die eigene Unzuverlässigkeit, Schuldgefühle und die Tatsache, wegen der Sucht unehrlich zu sein. Müller zog einen Schlussstrich: "Das reicht jetzt!", sagte er und begab sich in seine erste Langzeittherapie, die er aus eigenen Stücken in Angriff nahm. "Man muss es sich eingestehen, es wissen, ändern wollen, dazu stehen", weiß er. Damals war er der Meinung, dass nur der Alkohol sein schlimmster Feind sei. So kam er trocken in sein gewohntes Umfeld zurück, wo aber die alten Probleme warteten. Für den fehlenden Alkohol wurde Kiffen zur Ersatzdroge in einem Ausmaß, das dazu führte, dass Müller nur noch für das Nötigste aus dem Haus ging, während ihn die restliche Zeit Depressionen und die Sucht Zuhause fesselten. Über ein Jahr lang hielt er diesen Zustand durch, bis er sich fragte, ob er so weitermachen wolle. "Das will ich nicht!", fand er. Der nächste große Schritt war der zur Drogenberatung. Dort wurde eine zweite Langzeittherapie für ihn beantragt. Zwischen Entgiftung im Saarbrücker Klinikum Sonnenberg und Antritt der zweiten Therapie zog er nach Zweibrücken um. Die Veränderung des gewohnten Umfeldes war ein wichtiger Schritt für ihn. Dann begann er die 14-wöchige Therapie. "Dort habe ich zu mir gefunden, Hilfe angenommen und gesucht", weiß er jetzt. Auch wenn er manchmal an seinem eigenen Durchhalten gezweifelt hat, so hatte er stets ein Ziel vor Augen: "Ich wollte nicht mehr betäubt sein, Dinge wieder geregelt bekommen, ich wollte leben!" Er lernte, es sich selbst Wert zu sein, zu akzeptieren, was war, nach vorne zu schauen, sich Ziele zu setzen und zufrieden zu sein. Im Dezember wurde er abstinent entlassen, weiß, dass die Sucht ein lebenslanger Begleiter ist. Überhand soll sie aber nie wieder nehmen. "Ich vergesse zwar nicht, was war, aber ich erlaube auch nicht, dass es meiner Zukunft im Wege steht", ist sich der mittlerweile 50-Jährige sicher. Durch seine Therapie wurde der Kontakt zur Drogenhilfe in Zweibrücken hergestellt, wo ihm Karin Bieg anbot, eine neue Selbsthilfegruppe zu leiten. Mit Unterstützung der Diakonie konnte er sich darauf vorbereiten und freut sich auf diese Verantwortung.

Die Selbsthilfegruppe startet heute Abend um 19 Uhr in der Drogenhilfe in der Herzogstr. 13. Jeden Donnerstag sind Betroffene aber auch Angehörige eingeladen teilzunehmen.

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