Wiederbelebung erhofft

Zweibrücken · Die Grenzen der Kernstadt neu ziehen und so Firmen anlocken: Diese Aufgabe hat Oberbürgermeister Kurt Pirmann den Fraktionen schon im vergangenen Mai gestellt. Mehrere Vorschläge gingen ein, die jetzt beraten werden sollen. Derweil herrscht auch über eine Anpassung der Zweibrücker Liste weitgehend Einigkeit.

Die einst zum Schutz der hiesigen Gewerbetreibenden ersonnene Zweibrücker Liste sorgt seit einiger Zeit nur mehr für negative Schlagzeilen. Zuletzt vor etwa zwei Wochen (13. Dezember 2013): Da gab Globus an, seinen Alphatecc-Markt ihretwegen nicht in den Zweibrücker Baumarkt verlegen zu können. Nachdem Alphatecc Ende März aus dem Homburger Blitz auszieht, droht daher nun 40 Leuten die Arbeitslosigkeit. Arbeitsplätze, die mit einer anderslautenden Zweibrücker Liste und/oder anderen Kernstadt-Grenzen hätten gerettet werden können? Jedenfalls sind sich die Fraktionen im Zweibrücker Stadtrat einig, dass Handlungsbedarf besteht.

Konkrete Änderungsvorschläge nennt Norbert Pohlmann von der Grünen Liste: Demnach würde die Fraktion etwa Waffengeschäfte, Erotikläden oder Computer-Shops außerhalb der Innenstadt zulassen. Auch bei Glas, Porzellan, Lederwaren und Haushaltsartikel sollte man weniger streng sein, sei es doch auch "unwahrscheinlich, dass es jemals wieder ein Haushaltswarengeschäft in der Innenstadt" gebe. Dagegen könnte man Fahrradgeschäfte für zentrenrelevant erklären, auch Geschenkartikel oder Antiquitäten.

Ohne konkrete Vorschläge möchte auch FWG-Chef Kurt Dettweiler die Liste auf den neuesten Stand bringen, so wie Sabine Wilhelm (SPD), Vorsitzende der größten Stadtratsfraktion. Der Fall Alphatecc zeige den Handlungsbedarf. "Ich warne aber vor Schnellschüssen. Man darf nicht an dem Einzelhandelskonzept rumwurschteln, ohne Änderungen genau zu prüfen", so Wilhelm. Bedenken müsse man veränderte Lebenssituationen der Kunden. "Viele ältere Menschen gehen heute mit Rollator einkaufen - dann kann man keine Einkaufszone mit schmalen Gehwegen machen." Die FDP-Fraktionschefin Ingrid Kaiser findet: "Die Zweibrücker Liste hat sich nicht bewährt, das sieht man ja, wenn man durch die Fußgängerzone geht." Auch Uwe Kretzschmar, Vorsitzender der CDU-Fraktion, signalisiert Zustimmung: "Das Konzept hatte sich bisher fast nur auf die Fußgängerzone bezogen. Das ist nicht mehr zeitgemäß." Bei einer Anpassung müsse man dem Umstand Rechnung tragen, dass immer mehr Menschen im Internet shoppen. "Die Zeit, in der in Fußgängerzonen Kleider gekauft werden, sind vorbei. Für mich persönlich liegt die Zukunft eher im Bereich Restaurants." Viele Produkte erhalte man zudem im Baumarkt und bei Möbel Martin erheblich billiger.

Konkreter als in Sachen Zweibrücker Liste werden die Fraktionen bei ihren Vorschlägen für die neuen Kernstadt-Grenzen. Während die Grüne Liste dazu neigt "im Wesentlichen bei der bestehenden Kernzone zu bleiben" (Pohlmann: "Abschnitte der Alten Ixheimer- oder Kaiserstraße könnte man dazunehmen"), verweist Sabine Wilhelm (SPD) darauf, dass mancher Investor bei Zweibrücken schon abgewunken habe, weil hier für ihn keine ausreichend große Fläche zur Verfügung gestanden habe. Der SPD-Fraktion zufolge soll zur Kernstadt das Areal der Parkbrauerei zählen, da dieses in Sichtachse zur Fußgängerzone (Hauptstraße/Herzogplatz) liege. Auch das Ex-Raiffeisengelände in der Luitpoldstraße müsse aufgenommen werden - dann rücke der Bahnhof mehr in die Innenstadt. Ebenso das Gelände der Feuerwache bis zur Kreuzung Bleicherstraße/Landauerstraße. Eine derartige Erweiterung der Innenstadt könnte auch mehr Kunden in die Stadt, vor allem die Fußgängerzone, locken. "Es ist nun Aufgabe der Verwaltung, die Vorschläge zu sammeln und einem städtebaulichen Gutachter zuzuführen, ob das möglich ist", findet Wilhelm. Ihr CDU-Pendant Kretzschmar möchte neben dem Raiffeisengelände und der Brauerei ("für einen Discounter wie Aldi oder Lidl allein wäre das Gelände dort viel zu groß") auch Teile der Fruchtmarkt- und Alten Ixheimer Straße zur Kernzone erklären. "Die rechte Straßenseite gehört manchmal dazu, die linke nicht. Das ist hirnverbrannt", sagt er. Die Zone wolle man auch in der Poststraße nach Westen erweitern. Die FDP möchte laut Ingrid Kaiser auch den Bereich rechts der Hofenfelsstraße bis zur Villa Schwinn einbinden, zum Saarland hin die Dinglerstraße, Bismarckstraße, Kaiserstraße einschließlich des Bahnhofsgeländes. Mathias Nunold, Vorsitzender der Linke-Fraktion, war in den letzten Tagen trotz mehrfacher Versuche nicht zu erreichen.

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Hintergrund Die Zweibrücker Liste unterscheidet zwischen drei Sortimentsgruppen: Nahversorgungs-Sortimente wie Backwaren, Getränke, Nahrungsmittel, Blumen, Drogeriewaren, Zeitungen; zentrenrelevante Sortimente wie Bekleidung, Schuhe, Porzellan, Spielwaren, Elektrokleingeräte, Hörgeräte, Schmuck; nicht-zentrenrelevante Sortimente wie Fahrräder, Fliesen, Holz, Möbel, Autos, Elektrogroßgeräte, Teppiche. Nahversorgungs- und zentrenrelevante Sortimente dürfen nicht außerhalb der Innenstadt genehmigt werden. ek

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