Mädchen töteten die Zwölfjährige Geschmacklose Trends nach Bluttat – wie TikTok mit dem Tod von Luise Reichweite macht

Freudenberg · Als wären Spekulationen, Hass-Postings und Drohungen in den Sozialen Medien zum Fall der getöteten Luise nicht schon besorgniserregend genug, enfaltet sich auf TikTok gerade ein Hashtag-Trend, welcher der Tat immer mehr Reichweite verschafft.

Luise aus Freudenberg von zwei Mädchen getötet – Fotos der Spurensuche
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Zwölfjährige Luise aus Freudenberg wurde von zwei Mädchen getötet – Spurensuche der Polizei

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Foto: dpa/Christoph Reichwein

Zahlreiche Spekulationen machen sich gerade in den Sozialen Medien über den Tathergang im Fall der getöteten Luise breit. Facebook, Instagram, Twitter und TikTok sind voll von Mutmaßungen – aber auch Drohungen und Hass-Meldungen finden sich unter den Postings.

Unter anderem um die Persönlichkeitsrechte der beiden mutmaßlichen Täterinnen zu schützen, haben Behörden bereits dafür gesorgt, dass Seiten der beiden tatverdächtigen Mädchen in den sozialen Netzwerken nicht mehr auffindbar sind. „Uns bekannte Social-Media-Kanäle wurden auf Anordnung der Staatsanwaltschaft geschlossen“, sagte ein Sprecher der Polizei Siegen-Wittgenstein am Freitag.

TikTok-Algorithmen befördern Hashtag-Trend im Fall Luise

Leider haben Persönlichkeitsrechte aber keinen Einfluss darauf, welche Themen im Netz viral gehen und folglich auch nicht darauf, was zum Beispiel auf TikTok zum Trend wird. Denn „ob es ein neuer Tanz oder der Tod eines Mädchens ist – der Algorithmus entscheidet“, schreibt der „Südwestrundfunk“.

Die Konsequenz in dem Fall der getöteten 12-jährigen Luise ist, dass das Thema auf TikTok bereits eine solch große Reichweite erzielt hat, dass Algorithmen Inhalte zu dem Thema auf der Plattform mit der „TikTok-Flamme“ versehen. So werden Inhalte zu dem Thema automatisch immer mehr Nutzern ausgespielt – es geht also viral.

Informationsbedürfnis der Nutzer füttert Algorithmen

Die Reichweite geht insbesondere auf das Informationsbedürfnis der Nutzer zurück. „Viele suchen nach dem Namen, dem Fall, wollen mehr darüber herausfinden. Gerade junge Menschen, die auf TikTok aktiv sind, teilen Informationen, kommentieren das Geschehen", erklärt Deborah Woldemichael gegenüber der Medienanstalt Rheinland-Pfalz.

Die Leiterin der EU-Initiative klicksafe.de informiert, dass der TikTok-Algorithmus dem Thema dann aufgrund der häufigen Interaktionen eine hohe Relevanz zuordnet. Je mehr Interaktion ein Thema generiert und je länger sich die Nutzer damit beschäftigen, desto größer ist die Reichweite sowie die Chance, dass ein Thema zum Trend wird. Inhaltliche Filter gebe es dabei nicht.

TikTok-Nutzer geben sich als Freundin von Luise aus

Vor allem Themen, welche die Menschen emotional berühren, generieren besonders viel Interaktion, weiß Woldemichael. Leider ruft die Trauer und das hohe Informationsbedürfnis anderer aber auch immer wieder Drittbrettfahrer auf den Plan.

Vor allem in den Sozialen Medien herrscht ein regelrechter Kampf um Reichweite und Klicks. So finden sich gerade auf TikTok etliche Posts im Zusammenhang mit der getöteten Luise aus Freudenberg, unter denen Nutzer aufgefordert werden, ein R.I.P. zu hinterlassen oder den Inhalt weiterzuverbreiten, berichtet der „Südwestrundfunk“. Andere suchen nach Aufmerksamkeit, indem sie sich als Freundin des Opfers ausgeben, heißt es dort weiter.

Polizei verfolgt Social-Media-Posts im Fall Luise

Medien-Anwältin Josephine Ballon betont in diesem Zusammenhang die Effekte der Sozialen Medien: Während die Presse an presserechtliche Standards gebunden sei, zum Beispiel indem sie nicht namentlich über mutmaßliche Täterinnen berichten darf, Persönlichkeitsrechte wahren muss und gerade im Kontext mit jungen Menschen vorsichtig sein muss, gebe es das in der Form bei Sozialen Medien eben nicht. Dort haben alle Menschen die Möglichkeit, alles reinzuschreiben und hochzuladen, was sie wollen - auch anonym.

„Das entfaltet eine Dynamik, die faktisch kaum noch von einer Presseberichterstattung zu unterscheiden ist, weil sie die gleiche Öffentlichkeit generieren kann“, sagt Ballon. Wenn viele Menschen innerhalb eines Themas interagieren, würden die Algorithmen dafür sorgen, dass es eine immer größere Öffentlichkeit bekommt, indem es zum Beispiel anderen Menschen im Newsfeed ausgespielt würde.

So ist es auch im Fall der getöteten Luise geschehen. Laut Polizei werde laufend geprüft, ob strafrechtlich Relevantes gepostet wird. Auch Bedrohungen gegen mutmaßliche Tatverdächtige sind strafbar, genau so wie Beleidigungen und der Aufruf zu Straftaten, betont Medienrechtlerin Ballon.

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