Obamas Schweigen zu Gaza spricht Bände

Washington. Nach dem 20. Januar werde er eine Menge zu sagen haben, versichert Barack Obama der Öffentlichkeit, die zunehmend ungeduldig auf eine Stellungnahme des künftigen Präsidenten der Vereinigten Staaten zur Lage in Gaza wartet. Bis dahin liege die Verantwortung bei Amtsinhaber George W. Bush

Washington. Nach dem 20. Januar werde er eine Menge zu sagen haben, versichert Barack Obama der Öffentlichkeit, die zunehmend ungeduldig auf eine Stellungnahme des künftigen Präsidenten der Vereinigten Staaten zur Lage in Gaza wartet. Bis dahin liege die Verantwortung bei Amtsinhaber George W. Bush. Obamas Schweigen neun Tage nach Beginn der Luftangriffe Israels auf Stellungen der Hamas spricht Bände. Es zeugt von den begrenzten Möglichkeiten der neuen US-Regierung, den Friedensprozess wieder in Gang zu setzen.Tatsächlich hinterlassen die zwei Amtszeiten Bushs einen Scherbenhaufen im Nahen Osten. Die Weigerung, mit dem damaligen Präsidenten der Palästinenser-Behörde, Jassir Arafat, zu verhandeln, der Krieg im Irak und das Beharren auf Wahlen in den Autonomiegebieten brachte nicht mehr Demokratie in die Region. Die Domino-Steine fielen in die aus US-Sicht falsche Richtung. Mit dem Iran als dem großen Gewinner, dessen Vasallen Hamas und Hisbollah Israel nun im Zangengriff halten.Es kommt einer bitteren Ironie gleich, dass der israelische Ministerpräsident Ehud Olmert mit der Gaza-Offensive das strategische Ziel verfolgt, die Fatah von Palästinenser-Präsident Mahmud Abbas zurück an die Macht zu bringen. Dieselbe Bewegung, die Bush und der damalige israelische Ministerpräsident Ariel Scharon gezielt schwächten. In der Erwartung, leichteres Spiel mit der religiösen Hamas als mit den arabischen Nationalisten der Fatah zu haben.Legitimiert durch Wahlen finden sich die Hamas-Extremisten heute in einer stärkeren Position wieder, als sie sie je zuvor hatten. Womit sich erklärt, warum Obama nicht einfach wieder da anknüpfen kann, wo der letzte ernsthafte Versuch eines Ausgleichs in die Sackgasse geriet. Bei den Verhandlungen von Camp David im Jahr 2000 brachte Bill Clinton mit Arafat und Ehud Barak zwei mindestens gesprächsbereite Partner zusammen.Nun fehlt nicht nur ein palästinensischer Verhandlungspartner, der mit Autorität für Gaza und das Westjordanland gleichzeitig sprechen kann. Die USA büßten unter Bush auch ihre Glaubwürdigkeit als ehrlicher Makler im Nahostkonflikt ein. Aus falsch verstandener Solidarität ordnete Washington nationale Interessen der Vereinigten Staaten dem besonderen Verhältnis zu Israel unter.Obamas Handlungsoptionen bleiben in diesem strategischen Kontext begrenzt. Wofür er unmittelbar sorgen kann, ist die Rückkehr der USA zu einer Vermittler-Rolle. Anders als Amtsinhaber Bush, der die Waffenstillstands-Appelle der Europäer und der Vereinten Nationen ignorierte und die Verantwortung für die Eskalation der Gewalt in Gaza einseitig der Hamas in die Schuhe schob, könnte Obama im Konzert mit den Verbündeten handeln.Warnungen an die Palästinenser müssen dann verstärkt werden durch klare Worte an Israel. Darüber hinaus führt kein Weg an Verhandlungen mit dem Iran und Syrien vorbei, ohne deren Kooperation ein Nahostfrieden unmöglich scheint. Und es bedarf umfänglicher nicht-militärischer Hilfe für die Menschen in der von ökonomischer Aussichtslosigkeit geplagten Region, die den Einfluss der Radikalen zurückgehen lassen könnte. Eine komplexe Aufgabe, die erklärt, warum der designierte Präsident die kurze Bedenkzeit nutzen will, bevor die Lage in Gaza zu seinem Problem wird.

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