Nur den Grünen ist an Neuwahlen in NRW gelegen

Düsseldorf. Minderheitsregierung hin, Verfassungsgerichtsurteil her - von Neuwahlen ist Nordrhein-Westfalen nach der Etat-Entscheidung des Münsteraner Verfassungsgerichtshofs genauso weit entfernt wie zuvor

Düsseldorf. Minderheitsregierung hin, Verfassungsgerichtsurteil her - von Neuwahlen ist Nordrhein-Westfalen nach der Etat-Entscheidung des Münsteraner Verfassungsgerichtshofs genauso weit entfernt wie zuvor. Zwar feierte die CDU/FDP-Opposition gestern im Landtag ihren Teilerfolg im Verfassungsstreit um den Nachtragsetat 2010 als landespolitischen Paukenschlag und geradezu historisches Ereignis. Zumindest vorerst jedoch muss die Regierung von SPD-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft keine Neuwahlen fürchten - denn mit Ausnahme der Grünen kann derzeit keiner der Landtagsparteien an einem erneuten Urnengang gelegen sein.So reagierte die rot-grüne Minderheitsregierung bei der Landtagsdebatte mit demonstrativer Gelassenheit auf das vom Verfassungsgericht ausgesprochene Verbot, neue Kredite auf der Basis des Mitte Dezember verabschiedeten Nachtragshaushaltsgesetzes 2010 aufzunehmen. Die Regierung bleibe gleichwohl handlungsfähig, zeigte sich Landes-Finanzminister Norbert Walter-Borjans (SPD) sicher. Denn mit der Münsteraner Entscheidung werde der Haushaltsabschluss für 2010 lediglich um einige Wochen verschoben. Und zudem sei keineswegs sicher, dass CDU und FDP mit ihrer Klage gegen den Nachtrags-Etat mit seiner Rekordverschuldung von 8,4 Milliarden Euro im Hauptsacheverfahren Erfolg haben werden.

CDU-Fraktionschef Karl-Josef Laumann wollte bei dem Schlagabtausch im Landtag zwar Neuwahlen nicht ausschließen - freilich nur dann, wenn sich Rot-Grün als unfähig erweise, sowohl den Nachtragsetat für 2010 als auch den Haushalt für das laufende Jahr in verfassungsgemäßer Form vorzulegen. In diesem Fall sei der Zeitpunkt gekommen, "dass über die Frage der Verschuldung in unserem Land ein Landtagswahlkampf geführt wird", drohte Laumann.

Dabei zeigt bereits ein Blick auf die Umfragewerte der Landes-Parteien, dass Neuwahlen derzeit auch der CDU kaum ins Kalkül passen dürften: Laut der jüngsten Umfrage vom vergangenen Dezember könnte die CDU nur auf 32 Prozent hoffen. Die FDP würde gar mit vier Prozent der Gang in die außerparlamentarische Opposition drohen, und auch die Linken müssten angesichts von prognostizierten fünf Prozent um den Wiedereinzug in den Landtag bangen. Rot-Grün hingegen käme zusammen auf 54 Prozent der Stimmen, wobei vor allem die Grünen deutlich auf 18 Prozent zulegen könnten.

Gleichwohl könnte die Debatte um mögliche Neuwahlen im bevölkerungsreichsten Bundesland schon bald wieder aufflammen, falls nämlich das Landesverfassungsgericht in den kommenden Wochen der Argumentation von CDU und FDP folgt und den Nachtragsetat für das vergangene Jahr wegen zu hoher Schulden für verfassungswidrig erklärt. Womöglich könnte ein solches Urteil aber auch erneut Spekulationen über eine Ampelkoalition von SPD und Grünen mit der FDP nähren. Denn dass die erforderlich absolute Mehrheit im Landtag für Neuwahlen zusammenkäme, gilt zumindest absehbar als unwahrscheinlich - angesicht von 90 Parlamentariern aus dem rot-grünen Lager, 80 Abgeordneten von CDU und FDP und elf Mandaten der Linken. Für Neuwahlen müssten sich im Landtag "91 Hände heben", sagte Kraft nach der Entscheidung des Münsteraner Gerichts. Und woher die derzeit kommen sollen, dürfte nicht nur der Ministerpräsidentin rätselhaft bleiben.

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